Wirtschaft

Mit Darlehen-Fonds auf Milliardenjagd Finanzinvestoren erfinden sich neu

"Erfrischung" aus eigenen Hand: Finanzinvestoren geben sich selbst Kredite.

"Erfrischung" aus eigenen Hand: Finanzinvestoren geben sich selbst Kredite.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Der Unterschied zwischen Blackstone und Goldman Sachs wird von Woche zu Woche geringer", sagt ein Marktexperte. Er spielt auf die wachsende Rolle der Finanzinvestoren als Kreditgeber ihrer eigenen Branche an. Schuld ist die Bankenkrise und die damit verbundenen stark sinkenden Kreditvergaben. Für Anleger ist eine hohe Rendite drin - natürlich nicht ganz ohne Risiko.

Finanzinvestoren haben seit Jahren ein Problem: Sie bekommen wegen der Bankenkrise kaum Kredite für ihre Firmenübernahmen. Milliardendeals gehören daher weitgehend der Vergangenheit an. Nun hilft sich die Private-Equity-Branche selbst und wird zu ihrem eigenen Kreditgeber - zumindest ein bisschen. Das funktioniert über sogenannte Darlehen-Fonds (debt funds) der Finanzinvestoren. Das von Anlegern eingesammelte Geld wird als Kredit oder anderes Fremdkapital zur Finanzierung von Übernahmen bereitgestellt. Damit können die Investoren zwar nicht die große Lücke schließen, die mit dem Rückzug vieler Banken entstanden ist, aber zumindest den einen oder anderen Deal ermöglichen.

Prominentestes Beispiel war jüngst der Kauf des Medizinprodukte-Herstellers BSN Medical durch die Beteiligungsfirma EQT für 1,8 Mrd. Euro. Ein Teil der Kredite, mit denen der Kauf finanziert wurde, stammt von einem anderen Finanzinvestor - der Partners Group aus der Schweiz. Auch andere europäische Private-Equity-Häuser wie CVC oder H.I.G. Capital stoßen in die Lücke, in der sich US-Größen wie Blackstone längst tummeln. "Wir haben in Europa expandiert, um bei solchen Deals mit Fremdkapital mitzuwirken", sagt H.I.G.-Capital-Manager Haseeb Aziz.

Kreditvolumina sinken

Eigentlich stehen Private-Equity-Firmen - der Name sagt es schon - für Eigenkapital, das sie investieren. Dieses sammeln sie bei Pensionsfonds oder Versicherungen ein, um damit Firmen zu kaufen. Parallel dazu nehmen sie zur weiteren Finanzierung der Übernahmen bei Banken ein Vielfaches dessen an Krediten auf - Schulden, die sie dann den gekauften Unternehmen aufbürden. Das steigert die Rendite auf das investierte Eigenkapital. Zugleich steigt aber auch das Insolvenzrisiko der gekauften Firmen, sollten im Konjunkturabschwung die Umsätze wegbrechen.

Seit Ausbruch der Finanzkrise knausern die Banken insbesondere in Europa mit Finanzierungen solch riskanter Übernahmen. Das Kreditvolumen ist im bisherigen Jahresverlauf um 42 Prozent auf 72 Mrd. Dollar gesunken. Die Folge: 2012 haben Finanzinvestoren in Europa bislang nur Firmen im Wert von 18,7 Mrd. Dollar gekauft - vor fünf Jahren war es noch fast zehn Mal mehr.

Ein Tropfen auf den heißen Stein

Noch sind die Darlehen-Fonds der Finanzinvestoren in Europa anders als in den USA nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Experten schätzen das Volumen diesseits des Atlantik auf rund 3,5 Mrd. Dollar. Wenn der Markt in Europa dem Trend der USA folgen sollte, könnte sich das schnell ändern. Dann kämen bis zu 60 Prozent der Kredite für Private-Equity-Deals künftig von Investoren, sagt Partners-Group-Manager Rene Biner voraus. Heute ist es nur ein Bruchteil dessen.

Private-Equity-Häuser wie Blackstone würden mangels attraktiver Übernahmechancen immer mehr zu Investmentbanken, die alles unter einem Dach anbieten, sagt Graham Elton von der Beratungsfirma Bain & Co. "Der Unterschied zwischen Blackstone und Goldman Sachs wird von Woche zu Woche geringer."

Problem "Schattenbanken"

Auch was die Rendite betrifft, sind Darlehen-Fonds für Investoren attraktiv, da Kredite derzeit heiß begehrt sind, was deren Preise nach oben treibt. So zahlen Firmen für Darlehen, die im Pleitefall vorrangig bedient werden (senior debt), derzeit Aufschläge auf den Referenz-Zins von fünf bis sechs Prozent. Für riskantere Finanzierungen (Mezzanine) werden bis zu 11,5 Prozent hingelegt.

Die Partners Group strebt mit ihrem Investment bei BSN Medical sogar 16 Prozent pro Jahr an - das ist mit klassischen Übernahmen derzeit nur schwer zu erreichen. "Es gibt Fälle, in denen man mit Fremdkapital-Instrumenten bessere Renditen bei gleichzeitig geringerem Risiko erzielen kann als mit Eigenkapital", sagt Alex Fortescue, Manager bei Electra Private Equity. "Warum sollte man das nicht machen?"

Doch das Vorpreschen der Private-Equity-Häuser ruft zunehmend die Regulierer auf den Plan. Sie machen sich Sorgen, dass sich bislang wenig regulierte Investoren künftig im Kreditgeschäft tummeln. Daher arbeiten Regierungen weltweit derzeit an Konzepten, wie die sogenannten Schattenbanken künftiger strenger beaufsichtigt werden können.

Quelle: ntv.de, Simon Meads, rts

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