"Ein sehr aggressives Umfeld" Firmenkäufer warnt Anleger
04.06.2013, 16:13 Uhr
"Lehman": Seit September 2008 ein Schreckenswort, das für das Ende "irrationaler Übertreibungen" steht.
(Foto: REUTERS)
Die Geldschwemme der Notenbanken bleibt nicht ohne Folgen: Ein schwedischer Großinvestor EQT schlägt am Markt für Private Equity Alarm. Dort seien schon jetzt Anzeichen für eine neue "Heißlaufphase" zu erkennen. Auf Deutschland kommt offenbar eine Welle "mittelgroßer" Übernahmen zu.

"Da muss man sehr vorsichtig sein": Die Anzeichen für überhitzte Märkte mehren sich.
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Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise und ihre weltumspannenden Erschütterungen an den Märkten sieht der auch in Deutschland aktive Finanzinvestor EQT wieder erste Übertreibungen an den Kreditmärkten.
"Wir haben aktuell ein sehr aggressives Finanzierungsumfeld", erklärte der Deutschland-Chef des Firmenkäufers, Marcus Brennecke. "Da muss man sehr vorsichtig sein." Für die Übernahme von Unternehmen bekämen Private-Equity-Häuser wieder Finanzierungen in Höhe des Siebenfachen des operativen Gewinns. Dies erinnere an die Boom-Jahre bis 2007. In der Krise gab es oft nur maximal die Hälfte.
Brennecke sprach von einer neuen "Heißlaufphase" an den Finanzmärkten - getrieben von der Renditesuche vieler Profi-Anleger in dem Niedrigzinsumfeld. "Das treibt natürlich auch die Preiserwartungen vieler Verkäufer." In den USA haben die üppige Verfügbarkeit von Krediten und die hohe Nachfrage nach Anleihen schon seit längerem das Fusionskarussell wieder in Gang gebracht. In Europa sind große Übernahmen durch Finanzinvestoren dagegen noch Mangelware, da es an Kaufzielen fehlt.
EQT selbst hatte im vergangenen mit der Übernahme des "Leukoplast"-Herstellers BSN Medical für 1,8 Mrd. Euro einen der größten Private-Equity-Deals in Europa seit Beginn der Krise gestemmt. Käufe dieser Größenordnung hält der schwedische Investor, an dem die Milliardärsfamilie Wallenberg beteiligt ist, in Deutschland aber für die Ausnahme.
"Ich erwarte nicht, dass es hier sehr große Deals geben wird", sagte Brennecke mit Blick auf Deutschland. Ähnlich äußern sich Firmenkundenberater bei Banken. "Trotz der guten Finanzierungsbedingungen dürfte es kaum große Transaktionen geben, sondern eher viele mittelgroße", betont Robert Fries, Top-Banker der Royal Bank of Scotland in Deutschland.
Für Springer Science wird es ernst
Möglicherweise sorgt EQT für eine Ausnahme: Denn die Beteiligungsfirma sucht gerade zusammen mit dem Co-Investor GIC aus Singapur Käufer für den Wissenschaftsverlag Springer Science. Finanzkreisen zufolge haben mehrere Private-Equity-Häuser in einer ersten Runde bis zu 3,5 Mrd. Euro geboten. Im vergangenen Jahr verdiente das Unternehmen mit seinen fast 7300 Mitarbeitern nach EQT-Angaben vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 341 Mio. Euro. Der Umsatz stieg um zwölf Prozent auf knapp 1 Mrd. Euro.
Priorität für EQT habe derzeit aber ein Börsengang von Springer Science, da der Investor so beteiligt bleibe und von weiterem Wachstum profitieren könne, sagen Banker. Dieser könnte in den nächsten Tagen angekündigt werden. In Verkaufsprozessen werden Börsengänge oft parallel vorangetrieben, um den Preis nach oben zu treiben.
Brennecke äußerte sich nicht zum Stand der Dinge. "Wir überprüfen alle strategischen Optionen", sagte er lediglich. "Ich hätte auch keine Probleme damit, die Firma noch ein paar Jahre zu halten." EQT und GIC hatten Springer Science 2009 für 2,3 Mrd. Euro erworben und den in Berlin und Luxemburg ansässigen Verlag seitdem ausgebaut.
Quelle: ntv.de, mmo/rts