Wirtschaft

Kanada ohne Börsenaufsicht Flaherty kritisiert Europa

"Wir werden uns danach richten": Jim Flaherty.

"Wir werden uns danach richten": Jim Flaherty.

(Foto: REUTERS)

Der kanadische Finanzminister hat es nicht einfach: Jim Flaherty bleibt mit seinen Plänen einer nationalen Finanzaufsicht am Obersten Gerichtshof hängen. Die Kontrolle der Banken bleibt in seiner Heimat bis auf weiteres Sache der Provinzen. Der Rückschlag hindert ihn allerdings nicht daran, mit ausgestrecktem Finger auf die Europäer zu deuten.

Europa steht nach den Worten des kanadischen Finanzministers Jim Flaherty am Rande einer ernsten Krise. Die europäischen Politiker hätten es nicht geschafft, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die sich ausbreitende Schuldenkrise zu beenden, sagte der Minister.

Europa stehe "am Rand einer sehr, sehr ernsten Krise", sagte Flaherty. Die Europäer hätten zwar einige Maßnahmen ergriffen, aber zu zögerlich und nur scheibchenweise. Flahertys Bemerkungen gehören zu den düstersten, die von der konservativen kanadischen Regierung zur Lage in Europa geäußert wurden. Sie hat bereits mehrfach ihre zunehmende Frustration darüber zum Ausdruck gebracht, wie Europa mit seinen Problemen umgeht.

Die ernsten Worte zu den Reformbemühungen der Europäer fallen mit einem herben Rückschlag in den Flahertys eigenen Reformbemühungen zusammen: Der Oberste Gerichtshof Kanadas hat den Plänen der Regierung für eine nationale Börsenaufsicht eine Absage erteilt.

Eine zentrale Behörde würde die Rechte der Provinzen beschneiden, begründete die Richter ihr Urteil. Damit bleibt Kanada das einzige wichtige Industrieland ohne eine Aufsicht auf nationaler Ebene. Allerdings räumte das Gericht der Regierung in Ottawa ein, bei riskanten Geschäften wie Derivaten und Leerverkäufen stärker eingreifen zu dürfen. Gemessen am europäischen Regulierungsstand wirkt die Lage in Kanada beinahe fahrlässig unzureichend.

Die Entscheidung ist eine Niederlage für den Finanzminister Flaherty, der sich für eine zentrale Regulierung starkgemacht hatte. Flaherty steht damit auch im Kreis seiner Finanzminister-Kollegen auf der Ebene der G8 und G20 blamiert da.

Sechs der zehn kanadischen Provinzen hatten das Oberste Gericht aufgefordert, sich gegen den Vorstoß auszusprechen. "Es ist eindeutig, dass wir das Gesetzesvorhaben nicht weiter verfolgen können", sagte Flaherty. "Wir werden die Entscheidung sorgfältig begutachten und uns danach richten."

In Kanada wird seit Jahrzehnten eine zentrale Börsenaufsicht diskutiert. Vor allem Vertreter des Finanzsektors bemängeln, dass die verschiedenen Behörden in den Provinzen für einen bürokratischen Mehraufwand sorgen. Auch die Strafverfolgung würde erschwert und ausländische Investoren abgeschreckt.

Quelle: ntv.de, rts

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