Passagiere brauchen gute Nerven Fluglotsenstreik weiter möglich
10.10.2011, 21:10 Uhr
Passagiere am Frankfurter Flughafen
(Foto: picture alliance / dpa)
Bundesverkehrsminister Ramsauer will sich am Mittwoch mit Vertretern der Gewerkschaft der Flugsicherung treffen. So soll in die verfahrene Tarifauseinandersetzung neuer Schwung gebracht und ein Streik der Fluglotsen vorerst abgewendet werden. Dennoch bleibt ein Arbeitskampf noch diese Woche möglich.
Flugreisende brauchen in den nächsten Tagen gute Nerven: Die Fluglotsen wollen noch in dieser Woche streiken - vorher gibt es aber noch eine letzte Verhandlungsrunde. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Flugsicherung (DFS) habe um einen letzten Vermittlungsversuch des Schlichters Volker Rieble gebeten, um einen Streik noch zu verhindern, teilte die Fluglotsengewerkschaft GdF mit.
Ein Termin ist auch schon gefunden. Am Mittwoch werden die Parteien auf Drängen von Verkehrsminister Peter Ramsauer zusammenkommen. "Damit sind Streiks erst einmal vom Tisch und insofern keine Beeinträchtigungen des Flugbetriebs zu befürchten", erklärte er. Die Gewerkschaft verspricht sich von dem neuesten Anlauf viel, sagte ein GdF-Sprecher. "Wir hätten uns schon viel früher gewünscht, dass der Bund sich einschaltet."
Verhärtete Fronten
Gleichzeitig drücken die Fluglotsen aufs Tempo. Nur wenn ein Ergebnis zustande komme, könne ein Streik noch verhindert werden. Nach Mittwoch werde nicht mehr geredet - dann werde gestreikt, sagte der GdF-Sprecher. Die Fronten in dem Arbeitsstreit sind verhärtet. Am Freitag war die jüngste Gesprächsrunde geplatzt, bei der auf Basis des von Schlichter Rieble erarbeiten Kompromisses eine Lösung gefunden werden sollte.
Der Clinch zieht sich seit Anfang des Jahres hin und hatte sich Anfang August zugespitzt - die Fluglotsen wollten zwei Mal einen kompletten Vormittag lang den Flugverkehr lahmlegen. Die Arbeitsniederlegungen wurden jedoch beide Male kurz vorher vor Gericht verhindert. Durch die Streiks standen jeweils bis zu 2500 Flüge auf der Kippe, bis zu 400.000 Passagiere wären gestrandet.
Es geht nicht nur um Geld
Die Fluglotsen fordern von der DFS eine Gehaltserhöhung um 6,5 Prozent über zwölf Monate. Das Unternehmen bietet eine Erhöhung der Tarifgehälter ab 1. August um 3,2 Prozent plus eine sofortige Einmalzahlung in Höhe von 0,8 Prozent des Bruttojahresgehalts. Ab 1. November 2012 würden die Gehälter um weitere zwei Prozent, mindestens aber in Höhe der Inflationsrate steigen.
Den Fluglotsen geht es nicht nur ums Geld. Sie wollen auch auf einige ihrer Ansicht nach grundsätzliche Probleme aufmerksam machen: Aufgrund eines systematischen Personalmangels müssten sie viel zu viele Überstunden machen. Eines Tages könnte das auf Kosten der Sicherheit gehen, warnt die GdF. In Deutschland arbeiten nach Gewerkschafts-Angaben etwa 5500 Beschäftigte bei der Flugsicherung, davon 2400 Fluglotsen.
Bodenabfertigung protestiert
Auch ohne Fluglotsen-Streik lief es am Montag an deutschen Flughäfen nicht rund. An zehn Standorten rief die Gewerkschaft Verdi die Mitarbeiter der Bodenabfertigung zu Betriebsversammlungen auf, um gegen EU-Pläne für mehr Wettbewerb bei der Abfertigung von Flugzeugen zu demonstrieren.
Allein an Deutschlands größtem Flughafen Frankfurter kamen nach Arbeiternehmer-Angaben über 1500 Angestellte auf dem Vorfeld zusammen. Unterbrochen vom Lärm der startenden Jets schloss sich Fraport-Chef Stefan Schulte dem Verdi-Protest an: "Ich bin strikt gegen die EU-Pläne." Falls EU-Verkehrskommissar Siim Kallas seinen Vorstoß umsetze, werde das Kostendruck weiter steigen und die Qualität sinken.
Keine großen Beeinträchtigungen
Kallas plant weitreichende Eingriffe bei den Flughäfen. Beabsichtigt ist etwa, dass an großen Airports bei der Abfertigung von Flugzeugen mindestens drei Firmen ihre Dienste anbieten sollen - bislang sind nur zwei vorgeschrieben.
Die Beeinträchtigungen durch die Versammlungen hielten sich bei der Lufthansa aber in Grenzen. Einige Flüge seien verspätet gewesen, vereinzelt hätten auch Maschinen mit Zielen in Deutschland und Europa gestrichen werden müssen, vor allem ab Frankfurt, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. Interkontinental-Flüge seien nicht betroffen gewesen.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/AFP