Wirtschaft

Höhenflug am deutschen Arbeitsmarkt Forscher fürchten harte Landung

"Am Rand der Stagnation": Die Bundesagentur könnte bald mehr Arbeit bekommen.

"Am Rand der Stagnation": Die Bundesagentur könnte bald mehr Arbeit bekommen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das "Jobwunder" am deutschen Arbeitsmarkt könnte sich schon bald in Luft auflösen: Wie aus der Herbstumfrage des Kölner IW Instituts hervorgeht, will im kommenden Jahr jedes vierte deutsche Unternehmen Arbeitsplätze streichen. Selbst die Bundesbank konstatiert in ihrem Monatsbericht eine "tiefsitzende Verunsicherung".

"Die Zuversicht, dass sich die Konjunktur kurzfristig beleben könnte, geht in immer mehr Bereichen der Wirtschaft verloren": Die offizielle Einschätzung der Bundesbank.

"Die Zuversicht, dass sich die Konjunktur kurzfristig beleben könnte, geht in immer mehr Bereichen der Wirtschaft verloren": Die offizielle Einschätzung der Bundesbank.

(Foto: REUTERS)

Der Konjunkturabschwung im Süden und Westen der Europäischen Union könnte schon bald auch den deutschen Arbeitsmarkt erfassen: 28 Prozent der deutschen Unternehmen planen nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im kommenden Jahr einen Stellenabbau. Lediglich 20 Prozent wollten neue Arbeitsplätze schaffen. Auch nach Ansicht der Bundesbank ist der Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt zum Stillstand gekommen. Die Bundesbankexperten sehen wie das IW eine "tiefsitzende Verunsicherung" in den Chefetagen der Unternehmen, die die Wirtschaftsentwicklung bremsen dürfte.

Die deutsche Wirtschaft bewege sich "am Rand der Stagnation", drohe aber nicht in eine Rezession abzurutschen, betonte IW-Direktor Michael Hüther. "Die insgesamt negativen Beschäftigungsaussichten in Deutschland zeigen sich in allen Wirtschaftsbereichen." Geringere Chancen für den führten vor allem in der Industrie zu vorsichtiger Planung. In diesem Sektor erwarteten gut 30 Prozent der Unternehmen im Jahr 2013 weniger Arbeitsplätze. Besser sehe es bei den Dienstleistern aus. Dort wollten zwar 27 Prozent Stellen abbauen, aber immerhin 23 Prozent mehr Mitarbeiter beschäftigen, sagte Hüther.

Erstmals seit dem Frühjahr 2009 erwarten laut Umfrage mehr Firmen für das kommende Jahr einen Rückgang der Produktion als einen Anstieg. 24 Prozent rechnen mit einem Plus, 28 Prozent mit einem Minus und 48 Prozent mit gleichbleibenden Werten. Das IW geht für 2013 von 0,75 Prozent Wirtschaftswachstum in Deutschland aus. Die Umfrageergebnisse zeigten eine "sehr große Verunsicherung", sagte Hüther.

Konsum als rettender Anker

Die Bundesbank kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. "Die Zuversicht, dass sich die Konjunktur kurzfristig beleben könnte, geht in immer mehr Bereichen der Wirtschaft verloren", schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht für November. Bisher habe vor allem die exportorientierte Industrie unter dem langsameren globalen Wachstumstempo und den Krisen in Teilen des Euroraums gelitten. "Inzwischen ist aber unverkennbar, dass die Wirtschaft davon in der Breite in Mitleidenschaft gezogen werden könnte."

Derzeit trotzten nur der Wohnungsbau und der private Konsum den spürbar dämpfenden Einflüssen, bemerkte die Bundesbank. Hingegen habe die Konjunktur bei den Investitionen bereits vor einem Jahr jeden Schwung verloren. Nach den Industrieunternehmen hätten zuletzt auch die vor allem aufs Inland ausgerichteten Dienstleister ihre Geschäftserwartungen beträchtlich heruntergestuft.

Mehr "befriedigend" als "gut oder sehr gut"

Dieser Befund lässt sich auch mit einer Umfrage unter rund 400 Familienunternehmen untermauern. Mit fast 48 Prozent erwartet der Großteil der von Meinungsforschern befragten privat geführten Firmen nur noch eine befriedigende Wirtschaftslage, 8 Prozent stufen die Aussichten als schlecht oder sehr schlecht ein.

44 Prozent der großen familiengeführten Betriebe beurteilten die Wirtschaftslage in den nächsten zwölf Monaten als gut oder sehr gut, heißt es in einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn im Auftrag der Deutschen Bank und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Nachdem das Wachstumstempo zuletzt stetig nachgelassen hatte, erwarten derzeit zwar viele Ökonomen, dass die deutsche Wirtschaft im Schlussquartal 2012 stagnieren könnte. Schon Anfang 2013 wird es demnach aber wieder aufwärtsgehen.

Im dritten Quartal 2012 war das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbereinigt nur noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Im ersten Vierteljahr war die Wirtschaftsleistung noch um 0,5 Prozent gewachsen, im zweiten Quartal um 0,3 Prozent.

Quelle: ntv.de, dpa

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