Trotz Piloten und Lokführern Forscher zählen weniger Streiks
04.05.2011, 13:40 Uhr
Der Pilotenstreik bei der Deutschen Lufthansa beschäftigte das Land im Frühjahr 2010.
(Foto: Reuters)
Der Arbeitskampf einzelner prominenter Berufsgruppen wie die der Flugzeug- oder Lokomotivführer scheint eine grundsätzliche Entwicklung am Arbeitsmarkt zu überdecken: Die Zahl der Streiktage erreicht im vergangenen Jahr einen neuen Tiefstand. In zwei Erhebungen kommen Experten zu unterschiedlichen Ergebnissen, stimmen in der Tendenz aber überein.
Wenn es nur um die Arbeitskämpfe ginge, dann war 2010 für Deutschland ein friedliches Jahr: Die Zahl der durch Streik ausgefallenen Arbeitstage war nach einer Bilanz des gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts WSI mit 173.000 Tagen so gering wie seit 2004 nicht mehr. Insgesamt haben sich nach den Berechnungen der Forscher etwa 120.000 Beschäftigte an Streiks und Warnstreiks beteiligt. 2009 waren es 400.000 Streikende.

Großer Verdi-Streik in Dortmund: 2010 war insgesamt ein vergleichsweise friedliches Jahr.
(Foto: REUTERS)
Als wesentlicher Grund für den Rückgang wird in der WSI-Bilanz darauf verwiesen, dass die Tarifverhandlungen 2010 in der Metall- und Elektroindustrie noch unter dem Eindruck der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten standen. In Zeiten der Krisenprägung sei in diesen Branchen eine Tarifeinigung ohne Arbeitskampf erzielt worden.
Auch für das laufende Jahr sieht der WSI-Experte Heiner Dribbusch bislang keine Anzeichen für Großkonflikte. Von den noch offenen Tarifrunden berge vor allem der Einzelhandel ein schwer einzuschätzendes Konfliktpotential.
Offizielle Statistik malt noch günstigeres Bild
Die Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung beruhen auf Gewerkschaftsangaben, Zeitungsberichten und eigenen Recherchen. Die kürzlich veröffentlichte offizielle Streikstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeichnet mit knapp 13.000 Streikenden und insgesamt 25.900 verlorenen Arbeitstagen ein noch günstigeres Bild.
Nach der amtlichen Statistik wären das die wenigsten Ausfalltage seit 2005. Die Daten der Bundesagentur weisen aber nur die Streiks aus, an denen in einem Betrieb mindestens zehn Arbeitnehmer beteiligt waren und die mindestens einen Tag dauerten oder die zusammengerechnet zu mindestens 100 verlorenen Arbeitstagen führten. Laut BA waren lediglich 132 Betriebe betroffen.
Die amtliche Statistik offenbare erhebliche Lücken, die auf einer systematischen Untererfassung des Arbeitskampfgeschehens beruhten, erklärte Dribbusch. Der ganz überwiegende Teil aller Streiks sei 2010 wie in den Vorjahren auf Konflikte um Firmen- und Haustarifverträge zurückgegangen.
Quelle: ntv.de, rts