Wirtschaft

Deutschland sieht Einfluss schwinden Franzose für EZB nominiert

Einen Tag, nachdem ein Streit zwischen Deutschland und Frankreich über den Posten des EZB-Chefvolkswirtes entbrannt ist, nickt die Eurogruppe Frankreichs Kandidaten Benoit Coeuré als neues EZB-Direktoriumsmitglied ab. Coeuré soll für den Italiener Bini Smaghi nachrücken. Die französische Regierung würde ihren Mann gerne auch auf dem Posten des Chefökonomen sehen. Den hatten bisher immer Deutsche inne.

Die Euro-Finanzminister haben wie erwartet Frankreichs Personalvorschlag für den frei werdenden Posten im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) unterstützt. "Wir haben einstimmig die Bewerbung von Benoit Coeure angenommen", erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach der Eurogruppe in Brüssel.

Paris bringt Benoit Coeuré in Stellung.

Paris bringt Benoit Coeuré in Stellung.

(Foto: dpa)

Der bisherige Chef-Volkswirt des französischen Schatzamtes, Benoit Coeure, soll im kommenden Jahr den Italiener Lorenzo Bini Smaghi ablösen. Dieser musste aus dem EZB-Direktorium vorzeitig ausscheiden, weil sein Landsmann Mario Draghi zum 1. November Präsident der Zentralbank wurde. Nach ungeschriebenen Regeln ist es für die Euroländer nicht akzeptabel, dass zwei der sechs obersten Währungshüter dieselbe Nationalität haben.

Berlin verliert seine "Falken"

Gerangel gab es zwischen Deutschland und Frankreich darum, wer künftig den Posten des Chefvolkswirts stellt. Die Politiker haben kein Entscheidungsrecht über die Ressortverteilung in der Zentralbank. Dies ist vor allem Sache des EZB-Präsidenten. Trotzdem erhob die Bundesregierung den Anspruch, wie bisher schon den Chef der volkswirtschaftlichen Abteilung zu stellen. Deutschland hatte in der Führung der EZB seit deren Gründung diesen Posten besetzt - zunächst mit dem renommierten Ökonomieprofessor Otmar Issing und dann mit dem einstigen Finanzstaatssekretär Jürgen Stark.  

Berlin sieht Jörg Asmussen auf dem Posten des EZB-Chefökonomen.

Berlin sieht Jörg Asmussen auf dem Posten des EZB-Chefökonomen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Asmussen solle Starks Nachfolge antreten, erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor der Sitzung der Eurogruppe in Brüssel. Er sei ein herausragender Ökonom und mit der Arbeit in allen internationalen wirtschaftspolitischen Foren vertraut wie kein anderer. "Wir gehen schon davon aus, dass er der Beste ist für die Position, die Jürgen Stark in der Hand hält", sagte er. Der Finanzstaatssekretär Asmussen ist nach seinem langjährigen Einsatz als Verhandler hinter den Kulissen zwar hoch anerkannt in der Eurozone, doch der Franzose hat höhere Weihen als Ökonom vorzuweisen.      

Nach einem Gespräch mit Frankreichs Finanzmininster Francois Baroin ruderte Schäuble aber zurück. In einer gemeinsamen Erklärung unterstrichen die Minister, die Unabhängigkeit der EZB auch im Hinblick auf die Aufgabenverteilung im Vorstand zu respektieren. "Wir vertrauen darauf, dass Mario Draghi und das Direktorium beschließen werden, was das Beste für die EZB ist."

Frischer Wind in der EZB?     

Brisant ist die Personalie vor dem Hintergrund der deutsch-französischen Auseinandersetzung über das Engagement der EZB als letzte Rettung für hoch verschuldete Euroländer. Die Bundesregierung will die Zentralbank wegen deren Unabhängigkeit am liebsten ganz heraushalten, Frankreich drängt seit Monaten darauf, dass die EZB stärker eingreifen soll.

Auch nach zwölf Jahren Währungsunion ist die geldpolitische Philosophie von Franzosen und Deutschen außerdem noch sehr unterschiedlich. Während deutsche Notenbanker traditionell die Verteidigung der Preisstabilität über alles stellen, nehmen die Franzosen stärker auf die Konjunktur Rücksicht. Der bisherige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet kämpfte zwar getreu der deutschen Stabilitätskultur für niedrige Inflationsraten, beteiligte die EZB aber über Aufkäufe von Staatsanleihen gegen den Protest der deutschen Notenbanker an Rettungsaktionen für Euro-Länder.     

Coeure muss jetzt noch eine Anhörung im Europäischen Parlament absolvieren, das jedoch kein Mitentscheidungsrecht hat. Gekürt wird er dann von den EU-Staats- und Regierungschefs, voraussichtlich beim Gipfel in der kommenden Woche.           

Quelle: ntv.de, rts

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