Unklar, ob alle aus Krise kommen Fratzscher rechnet mit längerer Erholung
22.04.2020, 20:57 Uhr
DIW-Chef Fratzscher rechnet mit einem U-förmigen Verlauf der Krise.
(Foto: imago images / photothek)
Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Krise sind massiv. Und der Ausgang ist offen. DIW-Chef Fratzscher plädiert für eine "kluge Unterstützung" einiger Euro-Länder. Auch Deutschland werde für eine Rückkehr zum Vorkrisen-Niveau Zeit brauchen.
Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Wirtschaftsexperten Marcel Fratzscher erst in "zwei bis drei Jahren" wieder ihr Vor-Krisen-Niveau erreichen. "Ich halte ein sogenanntes U-Szenario für wahrscheinlich", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dem Portal TheEuropean.de. "Die Wirtschaft wird sich nur langsam erholen, vielleicht braucht sie bis Ende nächsten Jahres. Und dann werden wir auch noch nicht auf dem Vorkrisen-Niveau sein. Das wird noch zwei bis drei Jahre dauern."
Mit großer Sorge blickt er derweil auf einige EU-Länder. "Es ist nicht sicher, dass alle Länder aus der Krise herauskommen", sagte er. "Und deshalb ist eine kluge Unterstützung der stark betroffenen Länder wie Italien und Spanien extrem wichtig. Nur so kann eine Schulden- oder Finanzkrise verhindert werden." Fratzscher fügte hinzu, man könne auch nicht sicher sein, "dass Deutschland da ohne Weiteres rauskommt "das wissen wir einfach nicht".
Mit einer nachhaltigen Änderung der Globalisierung rechnet der Ökonom nicht. "Ich erwarte, dass man die globalen Handelsstreitigkeiten - Trump gegen China, Mexiko und Kanada, oder auch gegen die EU - beilegen wird", sagte er. Das sei "wirklich das allerletzte, das man braucht". In der Folge der Krise würden sicherlich Lieferketten widerstandsfähiger gemacht. "Aber an der Globalisierung wird sich dadurch nichts ändern - davon bin ich ganz fest überzeugt." Vielmehr sichere man sich mit einer breiten Streuung von Risiken gegen künftige Krisen ab.
Kritik äußerte Fratzscher am gegenwärtigen Kurs der Bundesregierung. "Ein Manko der politischen Antwort ist sicher, dass es keine ausreichend gute Strategie zur Vorsorge gibt, siehe Maskenpflicht, Testverfahren und Tracking", sagte er. So sei offen, wie sichergestellt werden könne, "dass es nicht zu neuen Ansteckungswellen kommt. Menschen und Unternehmen müssen wissen, wie sie sich verhalten können. Regeln, auf die sich Unternehmer und Bürger einstellen können, sind da ganz wichtig. Das sind dringende Punkte, die verbesserungswürdig sind."
Quelle: ntv.de, jwu