Japan-Sondergespräche geplant G7 und G20 wollen handeln
16.03.2011, 17:15 Uhr
Eine Frau tröstet ihr Kind und sich selbst. Die Ereignisse in Japan schockieren die Welt.
(Foto: AP)
Die Erdbeben- und Atomkatastrophe in Japan und ihre Folgen für die Weltwirtschaft rufen die führenden Industrie- und Schwellenländer auf den Plan. Die Finanzminister und Notenbankchefs der G7 und G20-Länder wollen über die Auswirkungen der Krise beraten.
Die führenden Industrie- und Schwellenländer wollen der Katastrophe in Japan nicht untätig zuschauen. Als Präsidentschaftsland der G7 und der G20 kündigte Frankreich an, die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben wichtigsten Industrienationen würden bald über Auswirkungen der Krise in der drittgrößten Volkswirtschaft beraten. Dabei soll es neben Hilfen für Japan auch um Maßnahmen zur Beruhigung der Finanzmärkte und um die Energiepolitik gehen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. In Pariser Regierungskreisen war von einer Telefonkonferenz Ende der Woche die Rede.
In Deutschland sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble, er sei sich mit seiner französischen Kollegin Christine Lagarde zudem einig, als nächste Gelegenheit bei einem Währungsseminar in zwei Wochen im G20-Rahmen über Japan zu sprechen. Im Übrigen seien die G20-Finanzminister notfalls auch ganz kurzfristig und per Telefon in der Lage, sich abzustimmen. Japan gehört sowohl der G7 als auch der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer an.
Sarkozy schlägt Sonderkonferenz vor
Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy schlug ein Sondertreffen der G20 vor. Sein Land werde in den kommenden Wochen die Energie- und Wirtschaftsminister dazu einladen, um nach der Atomkatastrophe die Optionen für die Energie- und Rohstoff-Politik "in der Welt von Morgen" zu erörtern, sagte Sarkozy bei einem Kabinettstreffen. Auch über Hilfen für Japan solle gesprochen werden, sagte Lagarde.
Schäuble stellte Japan finanziellen Beistand der G20 in Aussicht. "Das Notwendige und das Mögliche wird geschehen." Derzeit sei es aber noch zu früh, konkreter zu werden. Er sprach von engen Kontakten, die die Notenbanken miteinander hielten.
Die Folgen des Jahrhundertbebens in Japan für Deutschland und die Weltwirtschaft sind nach Schäubles Worten noch nicht abschätzbar. "Natürlich mag das auch Auswirkungen auf das Steueraufkommen im Einzelnen haben", sagte er. Zahlen könne man aber noch keine nennen. Schäuble stellt sich offenbar bereits auf finanzielle Auswirkungen für den Bundeshaushalt ein. Der Spielraum für Steuerentlastungen sei jedenfalls in den letzten Tagen durch die jüngsten Ereignisse geringer geworden.
Spekulationen über Japan-Hilfen
Im Gespräch waren zuletzt in den Medien verschiedene Wege, Japan finanziell zu helfen. Die Rede war vom Ankauf japanischer Anleihen wie auch von koordinierten Interventionen der Notenbanken an den Devisenmärkten mit dem Ziel eines niedrigeren Yen-Kurses. Das könnte japanischen Exporten in dieser für das Land extrem schwierigen Situation helfen.
Spekuliert wurde zuletzt auch, ob die Europäische Zentralbank (EZB) wegen Japan auf ihre bereits signalisierte Leitzinserhöhung verzichten könnte. Kristian Tödtmann von der Deka Bank glaubt das nicht. "Es gilt für alle Zentralbanken letztlich das gleiche: wie stark beeinträchtigt Japan die Weltwirtschaft und wie stark beeinträchtigt Japan die globalen Finanzmärkte?" Bis dato sehe es nicht so aus, dass es wegen Japan Gründe für die EZB gebe, ihre Zinserhöhung nicht vorzunehmen, sagte er Reuters.
Carsten Brzeski von der niederländischen ING-Bank merkte an: "Die Frage ist, ob Japan ausreicht, um die EZB dazu zu bringen, ihre Zinserhöhung zu verschieben. Die Antwort zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist: noch nicht." Es brauche noch mehr. "Aber wenn sich die Nuklearkatastrophe verschärft und die Finanzmärkte stärker darauf reagieren, dann könnten sie warten." Ein hochrangiger Notenbanker des Eurosystems erklärte: "Viel wird davon abhängen, wie sich die Inflationserwartungen langfristig entwickeln nach dieser Katastrophe und das hängt stark davon ab, wie sich die Nationen nun global zum Thema Kernenergie verhalten." Denn das könne auf die Energiepreise wirken.
Quelle: ntv.de, rts