Lokführer planen den Mega-Streik GDL will Reisende schonen
08.03.2011, 09:54 Uhr
Rot heißt Stop: Wie die Augen wütender Tiere leuchtet die Signalanlage.
(Foto: dapd)
Mit ihrer Urabstimmung haben die Lokführer die Weichen gestellt: Noch in dieser Woche soll der große Bahnstreik beginnen. Wann es genau los geht, hält man bei der Gewerkschaft GDL bislang noch geheim. Dafür verbreiten Sprecher erste Details zur Ausrichtung des Arbeitskampfes. Pendler und private Bahnfahrer können demnach hoffen.

Die Hand an der Bremse: Claus Weselsky (rechts) erklärt der Öffentlichkeit, warum die Lokführer streiken.
(Foto: dapd)
Der für diese Woche angekündigte Lokführerstreik soll sich nach Gewerkschaftsangaben auf den Güterverkehr konzentrieren. "Den Personenverkehr werden wir etwas zurückhaltender einbeziehen", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Sven Grünwoldt. Der GDL-Vize folgte damit der Linie von Gewerkschaftschef Weselsky.
Es werde nicht unbefristet gestreikt, sagte Grünwoldt. Der Streik werde dafür aber ausgeweitet auf die Konkurrenten der Deutschen Bahn. Die GDL will den Streikbeginn zwölf Stunden im Voraus ankündigen. "Die Kasse ist gut gefüllt, wir können einen Streik sehr sehr lange aushalten." Die GDL will einheitliche Tarifbedingungen für rund 26.000 Lokführer auf dem Niveau der Deutschen Bahn (DB) durchsetzen. Die DB-Konkurrenten beschäftigen ihre Lokführer derzeit zu schlechteren Konditionen.
Nach dem eindeutigen Votum für eine Ausweitung der Arbeitskampfmaßnahmen stehen dem deutschen Schienenverkehr schwere Zeiten bevor: Bei der Urabstimmung der GDL sprach sich nach Angaben vom Montag wie erwartet eine große Mehrheit für unbefristete Streiks aus. Das Angebot des SPD-Politikers Peter Struck, im festgefahrenen Tarifstreit mit den Bahn-Arbeitgebern zu vermitteln, lehnt die GDL ab.
Lokführer lehnen Struck ab
Die Gewerkschafter sprachen sich deutlich gegen einen Auftritt Strucks als Schlichter aus. Von der Arbeit des SPD-Politikers als Vermittler im Regionalverkehr sei man nicht begeistert, hieß es. Zudem habe sich die SPD insgesamt und insbesondere Struck schon im November 2007 klar gegen einen eigenständigen Tarifvertrag für Lokomotivführer gestellt.
Erstmals wird es auch Unternehmen treffen, die ihre Waren auf der Schiene befördern. Ein schwacher Trost für Berufspendler und andere Passagiere, die bereits drei Warnstreiks über sich ergehen lassen mussten: "Die Reisenden wird es im Verhältnis zum Güterverkehr weniger betreffen", hatte GDL-Chef Claus Weselsky bereits zu Wochenbeginn angekündigt. Auch werde die Gewerkschaft die Streikmaßnahmen nicht "über Gebühr ausdehnen", versicherte ein Sprecher. Entwarnung gibt die GDL aber bislang nur für Faschingsdienstag. Von Aschermittwoch an könnten die Züge im ganzen Land stehenbleiben.
Hilfloses Machtwort von Ramsauer
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnte die GDL vor einer Eskalation des Konflikts. "Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut. Der Kampf um sie darf aber nicht grenzenlos auf dem Rücken der Fahrgäste und unter Geiselhaft der Deutschen Bahn AG ausgetragen werden", sagte der Minister der Tageszeitung "Die Welt". Eine Vermittlung in der Tarifauseinandersetzung lehnte er ab.
Insgesamt stimmten über 92 Prozent der GDL-Mitglieder bei der Deutschen Bahn und 96 Prozent bei den Konkurrenten für einen Arbeitskampf, teilte die Gewerkschaft mit. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 81 Prozent. GDL-Chef Weselsky freute sich über die breite Unterstützung für seine bei den Bahnunternehmen umstrittene Linie. "Wir kämpfen für das richtige Ziel: Einen Flächentarifvertrag für alle Lokomotivführer in Deutschland."
"Den gordischen Knoten zerschlagen"
Die Deutsche Bahn hatte die GDL mehrfach aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Neue Gespräche seien jetzt nötiger denn je, nachdem die sechs großen Privatbahnen gemeinsame Verhandlungen mit der GDL inzwischen ablehnen. Nun müsse die Gewerkschaft mit über 25 kleinen Gesellschaften parallel zur DB AG verhandeln. Personalvorstand Ulrich Weber sagte: "Der gordische Knoten kann nur auf dem Verhandlungsweg zerschlagen werden."
Kritik am Auftreten der GDL kam auch vom Vorsitzenden der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner. In seiner Gewerkschaft seien 5000 Lokführer organisiert. "Da gibt es keinen Alleinvertretungsanspruch, wie von der GDL behauptet", sagte Kirchner. Für den Streik äußerte er kein Verständnis.
Quelle: ntv.de, dpa