Wirtschaft

Geld statt Verurteilung Gericht glaubt Pischetsrieder

Der ehemalige VW- und BMW-Chef Pischetsrieder hat in den vergangenen Jahren Steuern in sechsstelliger Höhe hinterzogen. Weil ihm das Gericht jedoch abnimmt, dass er nicht wusste, was er tut, kommt der einstige Topmanager in einem Prozess vor dem Landgericht München gegen Zahlung von 100.000 Euro ohne Verurteilung davon.

Mein Name ist Pischetsrieder, ich weiß von nichts.

Mein Name ist Pischetsrieder, ich weiß von nichts.

(Foto: dapd)

Der Steuerhinterziehungsprozess gegen den früheren VW-Chef Bernd Pischetsrieder ist gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Der frühere Topmanager muss nach einem Beschluss des Münchner Landgerichts insgesamt 100.000 Euro an soziale Einrichtungen zahlen.

Der Vorsitzende Richter Martin Rieder sagte, am Vorsatz der Steuerhinterziehung könne gezweifelt werden. Pischetsrieder habe sich in seinem Bestreben, Steuern zu sparen, an einen Steuerberater gewandt und von diesem - wie jeder Steuerzahler - fachkundige Beratung erwartet. "Da muss man grundsätzlich sagen, dass sich der Steuerpflichtige darauf verlassen kann."

Die Staatsanwaltschaft hatte dem 63-Jährigen vorgeworfen, in den Jahren 2000 bis 2003 insgesamt etwa 234.000 Euro Einkommensteuer hinterzogen zu haben. Im Detail ging es darum, dass Pischetsrieder Schuldzinsen aus Darlehen für diverse Immobilienobjekte in München und Chemnitz sowie für ein eigen genutztes Anwesen in Breitbrunn am Chiemsee umgeschichtet und so seine Steuerlast gemindert haben soll.

"Mundgerecht servieren"

Das System der Umschichtung der Darlehen habe der Steuerberater entwickelt, sagte der Richter. Das Finanzamt müsse bei komplizierten Steuererklärungen möglicherweise selbst genauer hinschauen; es sei fraglich, ob der Steuerpflichtige der Behörde alles "mundgerecht servieren" müsse. Zum Prozessauftakt war Pischetsrieder offensiv mit dem Vorwurf gegen ihn umgegangen. Berichten zufolge soll er auf den Vorwurf, seine Steuererklärungen seien ziemlich fragwürdig gewesen, vor Gericht gesagt haben: "Sagen Sie mir einmal, wie ein schlichter Diplom-Ingenieur, der Autos bauen kann, das wissen soll".

Pischetsrieders Steuerberater war zum Prozessauftakt als Zeuge gehört worden. Staatsanwalt Achim von Engel sagte, hätten diese Informationen schon während der Ermittlungen zur Verfügung gestanden, wäre es nicht zu dem Verfahren gekommen. Die Schuld des Angeklagten sei als gering anzusehen.

Richter: Kein Promi-Bonus

Richter Rieder machte deutlich, dass der Prozess strafrechtlich nicht bedeutsam sei. "Die Steuern sind bezahlt. Was im finanzgerichtlichen Verfahren herauskommt, wissen wir nicht." Wie die breite Masse habe auch der Angeklagte seine Steuerlast mindern wollen, wobei größere Einkommen mehr Möglichkeiten böten. "Wenn man das ändern will, muss man das Steuerrecht ändern." Der Vorschlag des Gerichts, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen, habe nichts mit der relativen Bekanntheit Pischetsrieders zu tun, sondern wäre bei jedem anderen Angeklagten ebenso gemacht worden. Der sichtlich gut gelaunte Ex-Automanager akzeptierte die Zahlung von 100.000 Euro mit den Worten: "Das geht in Ordnung."

Pischetsrieder war von 1993 bis 1999 BMW-Chef und von 2002 bis 2006 Vorstandschef bei VW. Kein anderer vor ihm hatte es an die Spitze der beiden Autokonzerne geschafft. Die Anklage wegen Steuerhinterziehung markiert einen weiteren Tiefpunkt in der Biografie des Automanagers. Pischetsrieder war am 1. Juli 2000 in den VW-Vorstand eingetreten und dort zunächst Chef der spanischen Tochter Seat und als Vorstand für Qualitätssicherung zuständig. Im April 2002 übernahm er den Chefsessel von Ferdinand Piëch.

Im Laufe der Zeit verlor Pischetsrieder nach Darstellung von Branchenkennern jedoch die Rückendeckung von Piëch. Unter anderem die Aufarbeitung der VW-Affäre um Schmiergelder und Lustreisen für Betriebsräte, die aus Piëchs Zeit als VW-Chef stammt, soll dem mächtigen Aufsichtsrats-Chef aus der Porsche/Piëch-Dynastie nicht behagt haben.

Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts

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