Wirtschaft

Windparks und Online-Preise Google bastelt Inflationsindex

Der US-Internetkonzern Google stößt mit bemerkenswertem Druck in neue Geschäftsbereiche vor. Weit abseits des bisherigen Kerngeschäfts rund um die bekannte Suchmaschine legt das Unternehmen nun Pläne für einen Windpark vor - mit selbst für amerikanische Verhältnisse ambitionierten Ausmaßen. Ein hauseigenes Inflationsbarometer könnte zudem für Bewegung an der Wall Street sorgen.

Hat die Daten über fast alles, was im Internet passiert: Für Google liegen viele Ideen nicht viel weiter weg als zum Beispiel eine Pfeffermühle.

Hat die Daten über fast alles, was im Internet passiert: Für Google liegen viele Ideen nicht viel weiter weg als zum Beispiel eine Pfeffermühle.

(Foto: REUTERS)

Kurz nach der Bekanntgabe von Testfahrten mit führerlosen Autos rüttelt der Internetriese Google mit weiteren Vorhaben zwei weit auseinanderliegende Branchen auf: Der US-Konzern investiert in einen riesigen Offshore-Windpark vor der US-Ostküste, der später einmal rund 1,9 Mio Haushalte mit Strom versorgen soll.

Zudem arbeitet Google-Chefökonom Hal Varian an einem eigenen Inflationsindex - auf Basis der im Internet verfügbaren Preisinformationen. Google erhebt bei dem Index zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, betont aber, dass man mit den Online-Daten schneller die Trends erkennen könne.

Das Unternehmen nutze seine immensen Datenbanken mit Preisen verschiedenster Onlineshops, um die Preisentwicklung im Internet zu beobachten, sagte Google-Manager Varian der "Financial Times". Bislang habe der Konzern aber noch nicht entschieden, ob der Index auch veröffentlicht werden soll.

Preisverfall, zumindest online

Der Google-Index zeige bislang "eine klare Tendenz zur Deflation", also zu sinkenden Preisen, sagte Varian. Der Index spiegelt allerdings nur Waren wider, die im Internet verkauft werden - und hat damit keine so breite Basis wie der Warenkorb, der den offiziellen Inflationsberechnungen zugrunde gelegt wird.

Mit diesem Vorstoß trifft Google einen empfindlichen Nerv: In den USA schwelen derzeit - wie auch anderswo - die Befürchtung, dass die extreme Anti-Krisen-Politik der US-Notenbank Fed mittelfristig zu sinkenden Preisen führen könnte. Dies wiederum könnte die wirtschaftliche Erholung bremsen, denn Verbraucher neigen in dieser Situation dazu, mit Anschaffungen zu warten, da sie auf weiter fallende Preise spekulieren.

Google-Chefökonom Varian räumte sicherheitshalber gleich ein, dass der "Google Price Index" zwar Trends anzeigen könne, aber keine vollwertige Alternative zu klassischen Inflationsstatistiken sei. Das liege vor allem daran, dass der Online-Handel andere Schwerpunkte habe. So könne man ziemlich gut die Preisentwicklung zum Beispiel bei Uhren oder Kameras nachzeichnen. Dies gelte aber weniger etwa für Autoteile, die seltener im Internet gehandelt werden. Auch die Gewichtung der Immobilienpreise sei in einem klassischen Preisindex deutlich höher.

Von der Pfeffermühle zur Inflation

Varian kam auf die Idee, als er privat bei Google nach einer neuen Pfeffermühle suchte, berichtete die "Financial Times". Er sieht noch viele weitere Möglichkeiten, die Datenbestände für ökonomische Analysen auszuwerten. Man könnte zum Beispiel die Entwicklung der Arbeitslosigkeit mit Hilfe von Anfragen nach Arbeitslosenhilfe einschätzen.

Google experimentiert bereits seit einiger Zeit mit solchen Auswertungen - zum Beispiel um die Ausbreitung von Grippe-Infektionen nachzuverfolgen. Zudem konnte der Internet-Konzern anhand der Suchanfragen zwei Jahre in Folge die Sieger des European Song Contests richtig vorhersagen. Bei der Verteilung der anderen Ränge lag die Prognose allerdings zum Teil arg daneben.

Windräder in rauen Mengen

Der Vorstoß auf dem Gebiet der Energieversorgung löste dagegen vor allem unter Windradherstellern und Energieversorgern erhebliches Aufsehen aus. Das von Google geplante System aus Windkraftanlagen soll sich vor der US- Küste über 350 Meilen (gut 560 Kilometer) von New Jersey bis Virginia hinziehen, teilte Google in einem Blogeintrag mit. Die Ausdehnung des Windparks überträfe damit europäische Vorhaben in der Nord- und Ostsee um ein Vielfaches.

Den Angaben zufolge will sich der Internet-Riese zunächst mit 37,5 Prozent an der Atlantic Wind Connection (AWC) beteiligen, zusammen mit den Partnern Good Energies und Marubeni.

Die Windanlagen mit einer Gesamtkapazität von 6000 MW sollen etwa 15 bis 25 Kilometer vor der Küste ins Meer gebaut werden. Google hatte bereits im Mai eine Investition in zwei kleinere Windparks im Bundesstaat North Dakota angekündigt. Google ist mit seinen riesigen Datenzentren ein bedeutender Stromabnehmer und bekannte sich schon früher zur Nutzung alternativer Energien.

Das System Google

Google verdient sein Geld nach wie vor hauptsächlich mit Online-Werbung. Das Geschäft kam gut durch die Wirtschaftskrise und wirft erkleckliche Renditen ab. Allein im zweiten Quartal blieb ein Gewinn von gut 1,8 Mrd. Dollar in den Kassen hängen - bei einem Umsatz von 6,8 Mrd. Dollar.

Der Internet-Konzern prescht aber schon lange in immer mehr andere Bereiche vor. Mit dem Betriebssystem Android mischt Google die Mobilfunk-Branche auf und will mit der Plattform Google TV auch die Fernsehindustrie umkrempeln.

Am Wochenende war zudem bekannt geworden, dass Google bereits seit Monaten eine Flotte vollautomatischer Roboter-Wagen auf kalifornischen Straßen testet. Geld für Experimente hat sich in den vergangenen Jahren genug angesammelt: Zur Jahresmitte lagen die flüssigen Reserven bei 30,6 Mrd. Dollar.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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