Wirtschaft

Schock für Expedia, Amadeus & Co Google kauft Ticket-Finder

Mit einem millionenschweren Zukauf erschüttert Google die Reisebranche: Der Suchmaschinenanbieter greift sich einen Spezialisten für Online-Flugtickets und legt dafür 700 Mio. Dollar auf den Tisch. Der Coup lässt Konkurrenten um ihre Zukunft fürchten.

Überwältigende Marktmacht: Wo Google auftaucht, bleibt wenig Raum für andere.

Überwältigende Marktmacht: Wo Google auftaucht, bleibt wenig Raum für andere.

(Foto: picture alliance / dpa)

Google hat den nächsten Wachstumsmarkt für sich entdeckt: Das Online-Geschäft mit Flugtickets. Der Internet-Riese will zwar selbst keine Flugreisen verkaufen. Er gibt aber ganze 700 Mio. US-Dollar (rund 560 Mio. Euro) aus, um einen Software-Spezialisten für Fluginformationen zu kaufen. Dem Geschäft dürfte eine harte Prüfung durch amerikanische Wettbewerbshüter bevorstehen, da Google damit eine Schlüsselposition bei der Suche nach passenden Flugreisen im Internet gewinnt.

Das Unternehmen ITA Software wertet Flugreise-Informationen aus und stellt die Daten zum Beispiel Reise-Websites wie Expedia zur Verfügung. Google bezahlt die Übernahme komplett in bar. Hinter dem Deal verbergen sich pikante Details: Zu den ITA-Kunden zählt auch die Suchmaschine Bing des Google-Rivalen Microsoft. Google beeilte sich zu betonen, dass alle bisherigen Verträge erfüllt werden.

Der Firmenkauf werde sowohl Passagieren als auch Fluggesellschaften und Online-Reisebüros nutzen, weil er den Vergleich von Flügen und Flugpreisen erleichtere, erklärte Google im Firmen-Blog. Ein Verkauf von Flugtickets sei nicht vorgesehen, hieß es dort ausdrücklich. Google wolle mit der Übernahme die Suche nach Flugtickets deutlich verbessern, kündigte der Internet-Konzern an. Einfach nur wie andere die ITA-Software zu lizenzieren, hätte für die angedachten Innovationen nicht ausgereicht, sagte Konzernchef Eric Schmidt.

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Der Markteintritt eines Schwergewichts wie Google sorgt für erhebliche Unruhe in der Branche: Reise-Anbieter machen sich große Sorgen um ihre eigenen Aussichten, und das schon seitdem es im April erste Medienberichte über Gespräche zwischen ITA und Google gegeben hatte. Dem "Wall Street Journal" zufolge sollen sowie die Wettbewerber Kayak, Travelport und Amadeus in den vergangenen Monaten sogar gemeinsam versucht haben, ITA in einer verzweifelten Aktion vor Google wegzuschnappen. Die von wenigen Aktionären kontrollierte Firma habe sie aber abblitzen lassen, hieß es. Die bisherigen Eigentümer sollen nach Informationen der Zeitung zunächst eine Milliarde Dollar verlangt haben, Google habe aber den Preis gedrückt.

ITA war in den 90er Jahren von Computerspezialisten gegründet worden und wird in der Branche hoch geschätzt. Flugreise-Informationen auszuwerten, ist ein hartes Geschäft: Die Preismodelle der Airlines sind oft verwirrend komplex, viele Passagiere in einem Flugzeug bezahlen völlig unterschiedliche Preise für ihren Flug.

Das nächste große Ding?

Der hohe Kaufpreis zeugt unmissverständlich davon, dass Google mit glänzenden Geschäftsaussichten in diesem Bereich rechnet. Bereits heute werde knapp jedes zweite Flugticket online gekauft, betonte Google-Managerin Marissa Mayer. Es würden schnell immer mehr werden. Google dürfte im Umfeld des neuen Angebots auch mehr Werbeanzeigen platzieren können, wenn noch mehr Menschen sich über den Suchmaschinen-Primus über Flugreisen informieren.

ITA Software aus Boston ist vor allem in den USA aktiv. Das Geschäftsvolumen in Europa sei so gering, dass die Übernahme nicht bei den dortigen Wettbewerbshütern angemeldet werden müsse, betonte Google.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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