Wirtschaft

Athen-Rettung durchgerechnet Größerer Schuldenschnitt nötig

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(Foto: dpa)

Noch zögern private Gläubiger, auf rund 70 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland zu verzichten, da rechnen Ökonomen vor, dass selbst ein solch großer Schuldenschnitt nicht ausreichen würde. Mehr als 80 Prozent Verzicht wären demnach nötig, um Athen eine echte neue Chance auf Gesundung zu geben.

Der geplante Schuldenschnitt in Griechenland reicht nach Einschätzung Kieler Ökonomen nicht für eine dauerhafte Gesundung der Athener Staatsfinanzen aus. Auch wenn die privaten Gläubiger Griechenlands auf bis zu 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten sollten, dürfte dies dem Land kaum noch helfen, berichtet der "Spiegel" und beruft sich dabei auf Forscher um den Ökonomen Henning Klodt vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Die Regierung verhandelt seit Monaten mit dem internationalen Bankenverband IIF über einen freiwilligen Forderungsverzicht privater Gläubiger von 50 Prozent. Blieben die Marktzinsen auf dem aktuellen Niveau, so die Experten, müssten Griechenland mehr als 80 Prozent seiner gesamten Verbindlichkeiten erlassen werden, damit es der Schuldenspirale entkommen könne.

Griechenlands Schuldenberg
  • Das Land sitzt derzeit auf einem Schuldenberg von rund 352 Mrd. Euro.
  • Das entspricht 161 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
  • Erlaubt sind nach den EU-Spielregeln eigentlich allenfalls 60 Prozent.
  • 206 Mrd. Euro an Forderungen befinden sich in den Händen von Privatleuten, Banken, Versicherungen und Hedgefonds.

Die Ökonomen stärken mit den Zahlen den öffentlichen Gläubigern Athens den Rücken: Dem Vernehmen nach hatten sich Vertreter des Internationalen Währungsfonds und der EU nach einer Einigung Griechenlands mit dem Internationalen Bankenverband IIF in die Gespräche eingeschaltet. Ursprünglich soll sich Athen mit den privaten Gläubigern auf einen durchschnittlichen Zinssatz für die neuen Anleihen von vier Prozent geeinigt haben. IWF und EU hätten jedoch darauf bestanden, dass der Zinssatz auf weniger als drei Prozent fallen sollte. Anderenfalls bestehe vor allem nach Ansicht des IWF nach keine Möglichkeit, dass Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen kann, berichteten griechische Medien übereinstimmend unter Berufung auf Regierungskreise. "Fünf Minuten vor der Einigung fordert der IWF weniger Zinsen", hieß es in der Sonntagszeitung "To Vima".

Selbst wenn eine Absichtserklärung vorliegt, würde das jedoch noch nicht bedeuten, dass der Schuldenschnitt damit perfekt ist. Ein Erfolg hängt am Ende davon ab, wie viele Banken und andere Besitzer griechischer Staatsanleihen mitmachen und auf Geld verzichten. Angepeilt ist die Summe von 100 Mrd. Euro. Der Finanzminister plant nach eigenen Angaben, das Memorandum mit dem IIF seinen Kollegen der Eurogruppe am Montag zu präsentieren.

Portugals Zinsen müssen sinken

Neben Griechenland sehen die Kieler Ökonomen auch die Lage Portugals kritisch. Sänken die Marktzinsen nicht deutlich, zeigten die Berechnungen, dass die Investoren dem Land in diesem Fall mehr als die Hälfte seiner Schulden erlassen müssten, damit es eine Chance auf stabile Staatsfinanzen hat.

Für die meisten Euroländer gibt Klodt dem "Spiegel" zufolge indes Entwarnung, auch für Frankreich. "Die Bewertung durch die Märkte ist viel schlechter als die tatsächliche Haushaltslage." Das gelte auch für Spanien. "Wenn die Zinsen nicht weiter steigen und das Wachstum zurückkehrt, bekommt es seine Verschuldung bald in den Griff." Schwieriger sei die Lage dagegen in Italien: Ziehe das Wachstum dort nicht deutlich an, machten die hohen Zinsen eine Haushaltssanierung nahezu unmöglich. Zur Stabilisierung der Schuldenquote müsste der Finanzminister einen jährlichen Haushaltsüberschuss in Höhe von fast sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes erzielen. "Das ist selbst bei bestem Willen utopisch" zitiert das Magazin den Ökonomen.

Quelle: ntv.de, nne/dpa

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