Nach dem Konjunktureinbruch Händler in Exportlaune
12.01.2010, 13:16 Uhr
Deutsche Autos für den Export: Das Bremerhavener Terminal zu besseren Zeiten.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Großhändler in Deutschland blicken zuversichtlicher auf das laufende Geschäftsjahr. Die Erlöse dürften um fünf Prozent auf gut 769 Mrd. Euro steigen, prognostizierte der Branchenverband BGA. Bereinigt um Preissteigerungen sei mit plus vier Prozent zu rechnen.
"Nach einem beispiellosen Konjunkturabsturz fasst die deutsche Wirtschaft wieder Tritt", sagte Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Die Großhändler und unternehmensnahen Dienstleister lassen sich von dem schweren Einbruch jedenfalls nicht entmutigen."
"Wir sind, was das Brutto-Inlandsprodukt betrifft, äußerst optimistisch für 2010", sagte Börner bei n-tv. "Wir glauben, dass wir einen Korridor deutlich über 2,5, vielleicht knapp drei Prozent Wachstum erreichen werden. Wir halten das für sehr realistisch, weil wir einmal ein Prozent Überhang aus dem letzten Jahr haben. Wir glauben aber auch: Vor allem der große Treiber wird der Anstieg im Export sein, wo wir knapp unter zehn Prozent Plus für möglich halten."
Der Außenhandel muss es richten
Vor allem die Aussichten für Ostasien und China, Indien und Europa hätten sich verbessert, führte Börner weiter aus. Aber auch das Potenzial für die USA werde wieder günstiger bewertet. "Wir gehen in diesem Umfeld davon aus, dass die Nachfrage nach Maschinen, Anlagen und Vorleistungen wieder ansteigt", sagte er.
Das dürfte die Wirtschaft insgesamt beflügeln: Der BGA ist mit seiner Einschätzung zum Brutto-Inlandsprodukt optimistischer als viele Forschungsinstitute und die Bundesregierung. 2011 drohe aber ein Dämpfer, schränkte Börner ein. Für kommendes Jahr hält der Verband nur noch ein Wachstum von deutlich weniger als zwei Prozent für möglich.
"Achillesferse ist der Konsum, der etwas an Stärke einbüßen wird", sagte Börner. Weil die Menschen wieder stärker um ihre Jobs fürchten, halten sie ihr Geld zusammen. "Wir rechnen nicht mit sehr großen Kündigungswellen und sind dewegen doch optimistisch, dass wir 2010 keine nennenswerte Zunahme der Arbeitslosigkeit sehen werden", betonte Börner bei n-tv.
Immer wichtiger für den Arbeitsmarkt werde der Bereich der Dienstleistungen. "Sein Anteil an der Gesamtbeschäftigung hat sich seit 1991 von unter 60 Prozent auf aktuell 73 Prozent erhöht." Die Stimmung in der Branche hat sich deutlich verbessert. Der Großhandelsindikator legte von 83,3 Punkten im zweiten Halbjahr 2009 auf 102,6 Punkte zu Jahresanfang zu.
Eine Lanze für die Koalition
Probleme haben viele Unternehmen bei der Finanzierung. Es drohe weiter eine Verknappung von Krediten, sagte Börner. Er forderte die Banken auf, ihre im Dezember beim Krisengipfel bei der Kanzlerin versprochenen Extrahilfen einzulösen. Börner kritisierte den Steuerstreit in der Koalition. Das untergrabe die Glaubwürdigkeit von Schwarz-Gelb und trage "nicht zur nötigen Vertrauensbildung bei den Unternehmen bei".
Es sei aber richtig, in der Krise ausnahmsweise über höhere Schulden mehr Wachstum anzuregen. "Die Konjunktur kann man nicht nur durch immer neue Sozialleistungen anregen, sondern auch durch das Senken von Steuern", sagte Börner. Später müsse es aber eine grundlegende Modernisierung des Steuerrechts geben.
Die weltweite Wirtschaft könnte dann möglicherweise von einer Straffung der Geldpolitik in Mitleidenschaft gezogen werden, was einen Dämpfer für den Export bedeuten würde. Vor der zweiten Jahreshälfte 2010 sei aber nicht damit zu rechnen, dass die Notenbanken auf die Bremse drücken. Für 2010 erwartet der BGA ein Exportplus von 7,5 bis knapp zehn Prozent. Die Wechselkursrisiken für die deutschen Exporteure schätzt Börner dabei als überschaubar ein: Im Schnitt werde ein Euro-Kurs bei 1,45 Dollar erwartet, die Spanne liege zwischen 1,35 und 1,60 Dollar.
Deutschlands schwärzestes Jahr
Trotz der Geschäftsbelebung und der anziehenden Konjunktur dürfte es noch länger dauern, bis der Großhandel die Folgen der Krise überwunden hat: 2010 könne ungefähr ein Viertel des verlorenen Erlösvolumens von insgesamt etwa 120 Mrd. Euro wettgemacht werden.
2009 brachen die Erlöse der Großhändler um etwa 15 Prozent ein. Das Jahr war dabei das schwärzeste Konjunkturjahr seit Gründung der Bundesrepublik: Von Reuters befragte Experten gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung um 4,8 Prozent geschrumpft ist. Das Statistische Bundesamt legt eine erste Schätzung am Mittwoch vor.
Quelle: ntv.de, rts