"Der Aufschwung ist robust" Ifo-Index überrascht Experten
21.02.2011, 11:35 UhrDie Konjunkturforscher des Ifo-Instituts verbreiten Zuversicht: Die deutsche Wirtschaft sei derzeit kaum zu stoppen. Höchstens ein "größerer Rückschlag im Ausland" könne die anhaltende Aufwärtsbewegung noch gefährden, heißt es aus München. Anders als am Markt erwartet, klettert der Ifo-Index weiter nach oben. Sorgen bereitet den Experten nur der Einzelhandel - und die stark steigenden Preise.

"Die deutsche Wirtschaft ist in Topform": Was passiert, wenn die Amerikaner wieder richtig mitspielen?
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar überraschend weiter aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg von 110,3 Punkten im Vormonat auf 111,2 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung mitteilte. Wie schon in den Vormonaten hatten die meisten Experten dagegen diesmal erneut einen leichten Rückgang erwartet.
"Der Aufschwung in Deutschland ist robust", erklärte dagegen Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Vor allem der Export erwarte weitere Zuwächse. "Der Einzelhandel ist der einzige Wirtschaftsbereich, in dem sich das Geschäftsklima etwas abgekühlt hat", sagte Sinn. "Die deutsche Wirtschaft ist in Topform", bestätigte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger. "Stoppen kann sie eigentlich nur ein größerer Rückschlag im Ausland." So etwas sei aber momentan nicht in Sicht, auch nicht durch die Unruhen in der arabischen Welt.
Wohin treiben die USA?
In den USA zeichne sich eine moderate Aufwärtsentwicklung ab, nachdem zuletzt noch über einen Rückfall in die Rezession diskutiert worden sei. Auch in Asien laufe es weiter gut, was die Exporte dorthin begünstige.
Abberger betonte allerdings, dass es durchaus Risiken gibt: Stark steigende Preise in China könnten das Reich der Mitte zurückwerfen. Außerdem würde ein Engpass bei den Öl-Lieferungen die Unternehmen stark unter Druck setzen. Schon jetzt kämpfen viele Firmen mit höheren Kosten für Energie und Rohstoffe. Noch hätten die Konzerne einen Puffer, so Abberger. Sie erwarteten, selbst höhere Preise für ihre Produkte durchsetzen zu können.
Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wünschen sich die Wirtschaftsforscher, dass die Leitzinsen bei 1,0 Prozent bleiben. Die Inflation in Deutschland von rund zwei Prozent sei primär von Energie- und Nahrungsmittelkosten getrieben und stelle noch kein Problem dar. Für Herbst werde mit einer ersten Zinserhöhung gerechnet.
Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator der deutschen Wirtschaft. Er wird monatlich aus der Befragung von rund 7000 Unternehmen aus Industrie, Einzel- und Großhandel sowie Bauwirtschaft ermittelt.
Ifo bestätigt Markit
Zuversichtliche Signale kamen auch aus der Industrie. Trotz Eurokrise und Inflationssorgen ist die deutsche Industrie offenbar dabei, ihre Geschäftsaktivitäten in Rekordtempo zu steigern. Die Firmen fuhren ihre Produktion im Februar kräftig nach oben und stellten so viele Mitarbeiter ein wie noch nie, teilte das Marktforschungsunternehmen Markit auf Grundlage einer eigenen Umfrage unter mehreren hundert Firmen mit.
Der Markit-Einkaufsmanagerindex stieg um 2,1 auf 62,6 Punkte und erreichte damit den höchsten Stand seit Beginn der Datenerhebung im April 1996. Damit liegt das Barometer weit über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Im Vorfeld dazu befragte Analysten hatten dagegen mit einem leichten Rückgang auf 60,3 Punkte erwartet. Damit zeigt sich beim Markit-Index ein ähnliches Bild wie beim Ifo-Index.
"Mit der Industrie als Zugpferd, einem sich festigenden Aufschwung im Servicesektor und einer wetterbedingten Aufholjagd im Bausektor deutet alles deutet darauf hin, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal kräftig zulegen wird", sagte Markit-Volkswirt Tim Moore.
Bei den Dienstleistern verlor das Wachstum geringfügig an Fahrt: das Barometer gab um 0,8 auf 59,5 Punkte nach. Hier hatten Analysten einen Anstieg auf 60,5 Zähler erwartet. Die Service-Firmen stockten ihre Belegschaften zwar den sechsten Monat in Folge auf, der Stellenaufbau fiel jedoch geringer aus als im Vormonat. Auch der Auftragseingang legte nicht mehr so stark zu wie im Januar. Ihre Aussichten schätzen die Firmen weiter als günstig ein, aber der Optimismus ist nicht mehr ganz so groß wie noch zu Jahresbeginn.
Teuerung nagt am Aufschwung
Als Damoklesschwert über dem Aufschwung hängen nach Einschätzung der Markit-Experten die steigenden Kosten. Die Industrie muss mit den stärksten Preissteigerungen seit Umfragebeginn zurechtkommen, bei den Dienstleistern war die Teuerung zuletzt im August 2008 höher. Die Erzeugerpreise waren im Januar so stark gestiegen wie seit gut zwei Jahren nicht mehr.
Vor allem für Energie müssen die Großkunden mehr zahlen, aber auch Metalle und andere Rohstoffe verteuerten sich deutlich. Allerdings gelingt es der Industrie, zumindest einen Teil der Mehrkosten an die Kunden weiterzureichen. Die Firmen hoben ihre Preise so stark an wie seit Januar 2007 nicht mehr. Die Dienstleister setzten die höchsten Preisanhebungen seit August 2008 durch.
Quelle: ntv.de, dpa/rts