Trendwende in Deutschland Ifo-Index zieht kräftig an
25.01.2013, 10:37 Uhr
So schön jubeln nur Fuball-Fans: Volkswirte drücken ihre Freude in der Regel anders aus (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hellt sich im Januar stärker auf als erwartet: Der Geschäftsklimaindex des Münchener Ifo-Instituts steigt den dritten Monat in Folge. Ökonomen sehen darin ein klares Signal für ein rasches Ende der deutschen Konjunkturschwäche.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte auf 104,2 Punkte von 102,4 Zählern im Dezember, teilte das Münchner Ifo-Institut mit. Es ist der dritte Anstieg in Folge. Experten sehen darin ein klares Signal für eine Wende zum Besseren. Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg um 0,6 Zähler auf 103,0 Punkte gerechnet.
Der Ifo-Index reiht sich ein in das Bild einer langsam wieder an Fahrt gewinnenden Volkswirtschaft: Insgesamt mehren sich die Hinweise, dass die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn wieder wächst. Nachdem der ZEW-Index am Dienstag bereits einen kräftigen Satz nach oben gemacht hatte, deutet nun auch der wichtigste Stimmungsindikator zum deutschen Konsumklima deutlich nach oben.
"Nach dem starken ZEW-Index und den freundlichen deutschen Einkaufsmanagerindizes kann sich auch das Ifo-Geschäftsklima verbessern und steigt auf den höchsten Stand seit Mitte 2012", beschreibt Helaba-Ökonomin Viola Julien die Entwicklung. "Dies ist der dritte Anstieg in Folge - die Anzeichen einer konjunkturellen Trendwende Deutschlands im Jahr 2013 verstärken sich mithin."
Am Aktienmarkt wurden die starken Daten mit offener Genugtuung aufgenommen: An der Frankfurter Börse hatte der Dax bereits in den Minuten vor der Veröffentlichung des Ifo-Index ins Plus gedreht. Am Vormittag notierte der deutsche Leitindex etwa 1 Prozent fester bei 7827 Punkten. Im vierten Quartal 2012 war die deutsche Wirtschaft mit 0,5 Prozent erstmals seit einem Jahr leicht geschrumpft.
Euro-Lokomotive ohne Bremsklotz
Mit dem Abebben der Euroschuldenkrise sei der wichtigste Bremsklotz für die Wirtschaft aus dem Weg geräumt, erklärten die Volkswirte der Commerzbank die Lage mit Blick auf den Ifo-Sprung beim Geschäftsklima. Die Exporte wurden von der Nachfrage aus den Schwellenländern und den USA gestützt. Auch die Bundesbank sieht in ihrem jüngsten Monatsbericht bessere Perspektiven für die nächste Zeit.
" Die Unternehmen haben 2012 abgehakt. Hierfür haben sie guten Grund: Die Weltwirtschaft erholt sich, die Planungsunsicherheit lässt nach", fasste KfW-Volkswirt Jörg Zeuner seine ersten Eindrücke zum deutschen Geschäftsklima zusammen. "Gleichzeitig steigt der Konsum dank der hohen Beschäftigung und der steigenden Reallöhne. Sobald die Unternehmen die Investitionsbremse lösen, fließt deutsche Ersparnis auch wieder in deutsche Projekte. Der Eurozone kann dies auf dem begonnenen Weg aus der Rezession nur helfen. Der deutsche Exportüberschuss wird dann schrumpfen."
Ähnlich äußerte sich Thomas Gitzel von VP Bank in seiner ersten Reaktion: "Die Stimmung in den deutschen Unternehmen verbessert sich allmählich. Die Erwartungskomponente des Ifo-Index steigt erneut deutlich an. Die Talsohle scheint durchschritten, zumindest was die Erwartung des künftigen Geschäftsgangs betrifft."
Die Lasten der Schuldenkrise
Dass die aktuelle Geschäftslage vorerst weiterhin kritisch beurteilt werde, zeigt Gitzel zufolge jedoch, "dass die realwirtschaftliche Erholung noch nicht wesentlich eingesetzt hat. Fakt ist, dass sich die Lage in Europa sichtbar stabilisiert hat - nicht zuletzt aufgrund der Unterstützung durch die EZB. Die Konjunktur in der Peripherie bleibt aber weiter schwach und damit auch der Wachstumsimpuls für den deutschen Außenhandel."
"Die Stimmung der deutschen Unternehmen hat nicht nur gedreht, sie ist auch in den letzten Monaten eindrucksvoll gestiegen", beschreibt Andreas Scheuerle von der Dekabank die Lage. "Mit drei aufeinanderfolgenden Anstiegen hat das Ifo-Geschäftsklima nach einem halbjährigen Rückgang nun wieder einen Aufwärtstrend eingeschlagen."
Den Geschäftserwartungen misst Scheuerle eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Erholung zu. Sie seien zudem ein Gradmesser dafür, wie stark noch die Verunsicherung durch die Schuldenkrise auf den Unternehmen laste. Diese Belastungen habe die Unternehmen seit dem Sommer 2011 ihre Investitionspläne zusammenstreichen lassen und in den Abbau von Lagerbestände geführt. "Allein 2012 kostete das 0,8 Prozentpunkte Wachstum", rechnet Scheuerle vor. "Für die Erholung ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Unternehmen wieder zuversichtlicher werden; und danach sieht es derzeit aus!"
Die neuen Konjunkturdaten bilden eine Steilvorlage für die Wirtschaftsvertreter und Politiker aus Deutschland, die sich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mit teils scharfer Kritik am deutschen Krisenkurs konfrontiert sehen. Mit Spannung warten die Tagungsteilnehmer in dem Schweizer Bergstädtchen derzeit auf die angekündigte Ansprache von EZB-Präsident Mario Draghi.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts