"Impulse vom Binnenmarkt" Industrie mit Auftragsplus
01.03.2010, 11:24 UhrWer hätte das gedacht? Die deutsche Industrie wartet mit einem unerwartet starken Wachstum auf. Ausschlaggebend dafür ist ein so hohes Orderplus wie seit fast vier Jahren nicht. Und auch die Euro-Zone profitiert.

Alles gut! Auftragsbücher der Industrie füllen sich - in Deutschland besonders stark.
(Foto: REUTERS)
Ein kräftiges Auftragsplus hat der deutschen Industrie im Februar das stärkste Wachstum seit zweieinhalb Jahren beschert. Die Bestellungen stiegen sogar so stark wie seit April 2006 nicht mehr, wie die Marktforscher von Markit zu ihrer Umfragte unter etwa 500 Firmen mitteilten. "Rückenwind erhielten einige Firmen durch Impulse vom Binnenmarkt und vom wieder in Schwung gekommenen Lageraufbau auf Kundenseite", teilten die Experten mit. Auch in den Euro-Ländern zeigt sich die Industrie gestärkt.
Der Markit/BME-Einkaufsmanagerindex für Deutschland gewann binnen Monatsfrist 3,5 Punkte auf 57,2 Zähler und stieg damit noch etwas stärker als in einer ersten Schätzung angenommen. Höher lag das Barometer zuletzt im Juni 2007, weit vor Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise. Zudem signalisiert es bereits den fünften Mal in Folge Wachstum mit einem Wert von mehr als 50 Punkten. In Folge der kräftig anziehenden Aufträge fuhren die Firmen ihre Produktion so stark nach oben wie seit Januar 2007 nicht mehr. Dabei macht sich auch bemerkbar, dass die Firmen in der Rezession ihre Lagerbestände geräumt haben: Sie müssen nun produzieren, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können.
Lagerabbau wird zum Problem
Zugleich entwickelt sich der Lagerabbau bei Lieferanten zum Problem: Die Lieferzeiten verlängerten sich zum siebten Mal in Folge, weil die Vorratsbestände zu stark reduziert wurden und zudem in vielen Firmen immer noch Kurzarbeit gilt. "Die verbreiteten Lieferengpässe waren auch dafür verantwortlich, dass die Bestände an Vormaterialien weiter abnahmen", schrieben die Experten.
Der Stellenabbau in der Industrie setzte sich fort, fiel jedoch so gering aus wie noch nie seit Beginn der krisenbedingten Jobverluste vor 17 Monaten. Dabei hielten die Firmen wegen der besseren Auslastung an ihren Mitarbeitern fest. "Wo Stellen wegfielen, wurde dies mit anhaltenden Restrukturierungen und Kosteneinsparungen begründet", schrieben die Forscher. Vor allem bei den Produzenten von Vorleistungs- und Investitionsgütern wurden Arbeitsplätze gestrichen. Konsumgüterhersteller stellten dagegen vereinzelt wieder Mitarbeiter ein.
Winter, Bau und Schrumpfkur
Die Erholung in Deutschland war im Herbst 2009 ins Stocken gekommen. Bundesbank-Chef Axel Weber hält für den Jahresauftakt sogar ein Schrumpfen für möglich. Grund dafür ist vor allem der kalte Winter, der den Bau stark belastet und die Verbraucher vom Konsum abhält. Zuletzt hatten auch der Ifo-Index und das GfK-Konsumklima einen Dämpfer erhalten.
Erholung in Euro-Zone gewinnt an Dynamik
Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Euro-Zone kletterte auf 54,2 Punkte von 52,4 im Januar. Das ist der beste Wert seit August 2007. Der Indikator hielt sich damit den fünften Monat in Folge über der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird. "Anlass zur Sorge bereiten allerdings die nationalen Unterschiede", sagte Williamson. Deutschland habe erstmals seit zwei Jahren das stärkste Wachstum geschafft, gefolgt von Österreich, Frankreich und den Niederlanden. In Spanien, Irland und vor allem Griechenland schrumpften die Geschäfte dagegen weiter. "Der Abschwung in Griechenland hat sich besorgniserregend beschleunigt", sagte Williamson. "Es ist auch das einzige Land, das unter sinkenden Exporten leidet."
Die Unternehmen im Währungsgebiet steigerten ihre Produktion so stark wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Besonders kräftig kurbelten die Hersteller von Maschinen, Anlagen und anderen Investitionsgütern ihren Ausstoß an. Auch die Aussichten für die kommenden Monate sind gut. Die Teilindex für die Neuaufträge stieg auf 56,7 Punkte von 56,0 Zählern und erreichte den höchsten Wert seit drei Jahren. "Die steigende Nachfrage wurde mit dem verbesserten Zustand der Weltmärkte, dem Auffüllen der Lagerbestände bei vielen Kunden und dem schwächeren Euro erklärt", hieß es. Ein billigerer Euro macht Ausfuhren in anderen Währungsräume günstiger.
Sorgen bereitet der Industrie die Profitabilität. Höhere Kraftstoff- und Energiepreise sorgten für steigende Kosten. Die Verkaufspreise dagegen sanken den 16. Monat in Folge, wenn auch mit dem geringsten Tempo innerhalb dieser Periode. Das drückt die Gewinnmargen. Auch am Arbeitsmarkt steht die Trendwende noch aus. Die Firmen bauten den 21. Monat in Folge Stellen ab, wenn auch nicht mehr so stark wie in den Vormonaten.
Quelle: ntv.de, rts/DJ