Großbritannien wählt Investoren lässt das kalt
07.04.2010, 13:25 UhrWer hätte das gedacht? Langfristig orientierte Investoren halten dem Königreich die Treue. Dabei steht Großbritannien mit seinem ausufernden Staatsdefizit immer stärker unter Druck. Auch die Aussicht auf unklare Mehrheitsverhältnisse nach der Parlamentswahl wirkt wenig verlockend. Die Anleger schert's wenig.
Die Aussicht auf unklare Mehrheitsverhältnisse nach der Parlamentswahl in Großbritannien bereitet langfristig orientierten Investoren offenbar keine besonderen Bauchschmerzen. Die Investitionsströme institutioneller Anleger signalisieren vielmehr - anders als vielleicht zunächst erwartet - starke Zuflüsse in britische Aktienwerte sowie eine stabile Nachfrage nach Staatsanleihen. Beim Pfund Sterling lassen die Investoren allerdings eine gewisse Vorsicht walten. Von einer Flucht aus der britischen Währung kann alelrdnigs nicht die Rede sein. Die in britischen Medien und von Politikern geäußerte Sorge vor einem "Hung Parliament" findet bei strategischen Investoren kaum Widerhall.
"Die Wahlen machen nur einen kleinen Aspekt davon aus, wie Investoren das Vereinigte Königreich einschätzen", sagt Emiel van den Heiligenberg von BNP Paribas Investment Partners. "Ich sehe nicht, dass sich Leute strategisch aus Großbritannien zurückziehen."
Dies heißt zwar nicht, dass es nicht zu kurzfristigen Marktreaktionen auf das Wahlergebnis kommen kann. Im Gegensatz zu kurzfristig arbeitenden Investoren orientieren sich Institutionelle Anleger aber eher an Themen wie der Schwäche der Euro-Zone, der Qualität des britischen Aktienmarkts, dem Anstieg des US-US-Dollars oder der Erholung der US-Wirtschaft. Zudem herrscht die Meinung vor, dass Großbritannien besser aus der Wirtschaftskrise herauskommen wird als etwa Griechenland oder Portugal, und dies ungeachtet dessen, wer gerade die Regierung stellt.
London Calling: Allgemeine Zuversicht
"Großbritannien ist eines der wenigen Länder, von denen man etwas erwarten kann", sagt Kommer van Trigt, Fondsmanager bei der Robeco Group. Laut Reuters-Umfrage im März haben institutionelle Anleger aus den USA und Japan in ihrem Portfolio den Anteil britischer Aktien und Staatsanleihen erhöht, während die kontinentaleuropäischen Kollegen den ihren etwas reduzierten.
Allgemein scheinen die Investoren nicht so besorgt über eine politische Instabilität zu sein, wie man hätte erwarten können. So kletterte der Aktienindex FTSE 100 dieses Jahr bereits um knapp sieben Prozent und schnitt damit besser ab als die meisten europäischen oder US-Börsen. "Wir halten britische Aktien für sehr attraktiv", sagt Franz Wenzel von AXA Investment Managers "Gemessen an den Gewinnen der Unternehmen sind die Aktien sehr günstig, insbesondere mit Blick auf die Prognosen für das Gewinnwachstum in den kommenden beiden Jahren."
Andere Anlageformen sind nicht ganz so frei von den Wahlunsicherheiten - etwa britische Staatsanleihen. So liegt der Risikoaufschlag auf die zehnjährige Anleihe höher als zum Höhepunkt der Finanzkrise. Angesichts der riesigen Staatsverschuldung und des großen Angebots ist er jedoch immer noch relativ niedrig. Für viele Investoren seien britische Anleihen besser als US-amerikanische oder Bonds aus der Euro-Zone, sagt Simon Derrick von der Bank of New York Mellon. Selbst die durch die Möglichkeit eines "Hung Parliament" ausgelösten Schwankungen beim Pfund seien eher den Aktivitäten kurzfristig orientierter Anleger geschuldet. "Langfristig wird das Pfund Sterling als relativ gute Investition gesehen", berichtet Derrick.
Quelle: ntv.de, rts