Euro-Länder in Sorge Irland will keine Hilfe
16.11.2010, 19:44 Uhr
Kein Kinderspiel: Die Aussicht, am Fördertropf der EU zu hängen, findet in Irland wenig Freunde.
Die Regierung in Dublin sträubt sich weiterhin dagegen, Hilfen der EU und des IWF in Anspruch zu nehmen. Doch erste Politiker drängen den Inselstaat, nicht zu lange mit einem Hilferuf zu zögern. Bei ihrem Treffen in Brüssel konnten sich die Euro-Finanzminister allerdings nicht zu einer Entscheidung über Hilfen durchringen.

Der irische Premier Brian Cowen will sich offensichtlich nicht von der EU an die Leine legen lassen.
(Foto: REUTERS)
Irland hat nicht um Hilfe aus dem EU- Rettungsmechanismus angefragt. Man habe jedoch anhaltend Kontakte mit internationalen Partnern, sagte Premierminister Brian Cowen in Dublin. Die Ablehnung der Iren stößt in den Euro-Ländern jedoch nicht unbedingt auf Beifall. "Ich glaube nicht, dass die Entscheidung unmittelbar bevorsteht, aber das ist die Lehre aus Griechenland - zu lange zu warten, wird zu teuer", sagte der österreichische Finanzminister Josef Pröll in Brüssel.
Trotz der angespannten Finanzsituation Irlands haben die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen in Belgien keine Entscheidungen über Hilfen für das Land getroffen. Es werde keinen Beschluss der Minister geben, sagten EU-Diplomaten am Rande des Treffens. Der irische Finanzminister Brian Lenihan habe erklärt, dass er kein Mandat für Verhandlungen über ein Notfallpaket für sein Land habe."Der Fall Irland ist damit heute durch", sagte ein EU-Diplomat, die Beratungen zu diesem Thema seien zu Ende.
Innerhalb der Euro-Zone regt sich mittlerweile auch Widerstand dagegen, Irland unter den Rettungsschirm zu zwingen. "Finnland ist strikt gegen die deutsche Position, dass man den Mechanismus nutzen sollte, um die Märkte zu beruhigen", hieß es aus Kreisen. "Die finnische Regierung ist politisch am Ende, wenn sie etwas akzeptiert, was für den Durchschnittsfinnen inakzeptabel ist." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich zurückhaltend. Die Euro-Länder müssten sich nicht gegenseitig zu etwas auffordern. Die irische Regierung wisse selbst am besten, wie die Lage ihres Landes sei.
Finanzsektor nicht isoliert
"Die Kommission bemüht sich zusammen mit der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds sowie den irischen Behörden um eine Lösung der ernsten Probleme des irischen Bankensektors", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn im Vorfeld des Treffens. Rehn räumte ein, dass sich die Situation im Bankensektor nicht gänzlich losgelöst von den gesamten Staatsfinanzen betrachte lasse. "Das eigentliche Problem ist der Finanzsektor, aber es gibt natürlich eine Verbindung, man kann die beiden nicht getrennt voneinander betrachten, und deshalb werden wir die gesamte Lage der irischen Volkswirtschaft mit einem starken Fokus auf den Bankensektor und das Finanzsystem diskutieren", sagte er.
Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, machte deutlich, dass er eine Hilfe nur für den irischen Bankensektor für möglich halte. "Die Masse der Agreements sieht so aus, dass das gemacht werden kann", sagte er. Irlands Regierung hatte mitgeteilt, sie wolle keine Hilfe "für sich selbst", sondern nur für die Banken des Landes.
Irische Steuersätze in der Kritik
Das "Wall Street Journal" berichtete unter Berufung auf EU-Kreise, im Gespräch sei ein Rettungspaket von 80 bis 100 Mrd. Euro für Irland. Neben dem IWF solle sich auch Großbritannien beteiligen, dessen Banken am stärksten in irischen Staatsanleihen engagiert sind. Im Gespräch sei auch ein gesondertes Rettungspaket für Banken.
Cowen wird derweil nicht müde zu betonen, dass sein Land keine Gelder aus dem EU-Rettungstopf beantragt hat und über eine Finanzierung bis Mitte kommenden Jahres verfügt. Die Regierung in Dublin befürchtet, eine Nachwahl zum Parlament zu verlieren, die am 25. November ansteht, wenn sie als Bittsteller in Brüssel auftreten muss. Sie verfügt nur über eine hauchdünne Mehrheit. Zudem scheut die Regierung strikte Auflagen zur Haushaltspolitik, die es etwa zu Steuererhöhungen zwingen könnten.
Viele Länder mit hohen Steuern sehen in den irischen Sätzen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil, zumal der Inselstaat bis Mitte der 2000er Jahre einer der größten Empfänger von EU-Hilfsmitteln war.Unions-Vize-Fraktionschef Michael Meister forderte etwa, dass der Körperschaftssteuersatz angehoben werden müsste.
Irland muss zwar erst Mitte 2011 wieder frisches Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. Allerdings sind die Risikoaufschläge auf die Staatsanleihen in der vergangenen Woche auf Rekordstände gestiegen. Am Dienstag weiteten sich die Zinsaufschläge auf 5,75 Prozentpunkte aus, die Versicherung irischer Kredite gegen Zahlungsausfall verteuerte sich weiter.
Quelle: ntv.de, sla/rts/DJ