Parallelen zu 2008 Ist der Dubai-Crash ein böses Omen?
27.06.2014, 15:33 Uhr
Schon 2008 war der Aktienmarkt nach dem Platzen der Immobilienblase implodiert. Es war ein Vorbote für die Aktienbaisse der Finanzkrise.
(Foto: REUTERS)
Der Aktienmarkt in Dubai ist um 20 Prozent eingebrochen. Ausgelöst wurde der Ausverkauf von Bau- und Immobilienfirmen - genau wie im Schreckensjahr 2008. Ist das ein schlechtes Omen für die globalen Aktienmärkte?
So schnell kann es gehen: Noch Anfang Mai markierte der Aktienmarkt in Dubai, gemessen am Dubai Financial Market General Index (DFM), ein Sechs-Jahres-Hoch nur um kurz darauf kräftig nachzugeben. Am stärksten unter Druck gerieten Bau- und Immobilienfirmen.
Die Aktie von Arabtec Holding, der größten Baufirma des Landes, brach um 60 Prozent ein. Zu allem Übel verringerte der staatliche Großaktionär Aabar Investments seinen Anteil an Arabtec von 22 auf 19 Prozent. Das Papier des Konkurrenten Emaar Properties erwischte es nicht ganz so schlimm, aber mit einem Minus von 20 Prozent ist der Wert ebenfalls kräftig gefallen. Am 8. Juni warnte dann die Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate, dass es Überhitzungserscheinungen am Immobilienmarkt gebe.
Aufstieg in Königsklasse trieb die Börse
Dubai ist das bevölkerungsreichste Emirat in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Laut Schätzungen wird die Wirtschaft Dubais in diesem Jahr um 4,7 Prozent wachsen. Das Land profitiert von den steigenden Ölpreisen und will zur Vorbereitung der Weltausstellung Expo 2020 rund acht Milliarden Dollar investieren.
Das alles trieb die Börse schon gut an. Richtig in Schwung kam die Rally jedoch ab Juni 2013, als der Indexanbieter MSCI mitteilte, dass die Aktienmärkte der VAE und von Katar von den Frontier-Markets-Indizes in die Emerging-Markets-Indizes hochgestuft wurden. Der DFM schoss nach der Bekanntgabe um 140 Prozent nach oben auf ein Sechs-Jahres-Hoch. Investoren, die Vermögenswerte von mehr als acht Billionen Dollar verwalten, schichteten einen Teil der Investments um. Zu den neun Unternehmen aus den VAE, die in die MSCI Emerging-Markets-Indizes aufstiegen, gehörten die späteren Absteiger Arabtec und Emaar.
Zocken auf Kredit
Investoren nutzten die Rally, um kräftig auf Kredit zu spekulieren. Das ging zuletzt allerdings kräftig nach hinten los. Weil etwa die Aktie von Arabtec laut dem Regelwerk der Börse um höchstens zehn Prozent pro Tag fallen darf, mussten Investoren andere Aktien verkaufen, um die von den Banken geforderten zusätzlichen Sicherheiten bringen zu können. Der Gesamtmarkt kam in Folge kräftig unter Druck.
Die Analysten von ABN Amro raten nun zum Verkauf von DFM-Aktien. Ihrer Ansicht nach sind sie trotz des Kursrückgangs gemessen an den Firmengewinnen immer noch mit einem Aufschlag von 37 Prozent gegenüber dem Emerging-Markets-Index bewertet. Aktien aus Dubai "sind zuvor so gut gelaufen, dass sie gegenüber anderen Emerging Markets ziemlich teuer sind", erklärte Daphne Roth, Chefin des Aktienresearch für Asien bei ABN Amro.
Droht ein weltweiter Rückschlag?
Doch nicht nur das Schicksal einzelner Titel bewegt mittlerweile die Anleger. Viele Investoren fragen sich bereits, ob auf den Kursrückgang in Dubai auch einer am weltweiten Aktienmarkt folgen wird.
Die Sorgen der Anleger vor einem möglichen neuen Kursrückschlag am Aktienmarkt sind mehr als berechtigt - und das nicht nur wegen DUbai. Immerhin sind die weltweiten Schulden in den vergangenen Jahren nach oben geschnellt, weshalb das Finanzsystem und damit die Realwirtschaft sogar wesentlich instabiler ist als im Jahr 2008.
So sind die Schulden der Amerikaner, also von Staat, privaten Haushalten und Unternehmen, seit Ende 2007 von insgesamt 51,1 Billionen Dollar auf heute 59,4 Billionen Dollar gestiegen. Damit stehen die Amerikaner mit 350 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in der Kreide - ein sehr hoher Wert.
Weltweiter Schuldenberg ist gigantisch
Neben den USA sind auch die Schulden in China rasant geklettert. Die Bilanzsumme der chinesischen Banken - sprich die Schulden der Chinesen - ist in den fünf Jahren ab September 2008 um umgerechnet 15,4 Billionen Dollar auf 24 Billionen Dollar hochgeschossen. Die Schulden belaufen sich damit auf 250 Prozent des BIPs. Der Anstieg ist so groß wie die Bilanzsumme der US-Geschäftsbanken (ohne Investmentbanken). Während die Bilanzsumme der US-Institute aber im Zeitraum von mehr als 100 Jahren auf diesen Wert gestiegen ist, haben die chinesischen Institute den US-Bankensektor innerhalb von nur fünf Jahren repliziert.
Die Analysten der ING hatten im Mai 2013 aufgezeigt, dass der weltweite Schuldenberg auf 223,3 Billionen Dollar angewachsen ist. Das waren 313 Prozent der Wirtschaftsleistung. 157 Billionen Dollar davon entfallen auf die Industriestaaten. Sie standen mit herben 376 Prozent der Wirtschaftsleistung in der Kreide. Allerdings sind auch die Schulden in den Emerging Markets in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Seit Mai 2013 hat sich die weltweite Schuldenlage weiter verschärft. So sind allein die Schulden der Amerikaner seit damals um weitere zwei Billionen Dollar geklettert.
Die Notenbanken sind am Zug
Trotz des Rückschlags in Dubai könnte der weltweite Aktienmarkt weiter haussieren. Die weitere Entwicklung hängt maßgeblich von der Geldpolitik der Notenbanken ab. Der deutliche Rückgang der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen deutet auf eine Anfälligkeit der US-Wirtschaft hin. Investoren spekulieren aber, dass die Fed im Notfall die Geldpolitik lockern wird. Diese Hoffnung hält den Aktienmarkt in den USA stabil. Die EZB drückt ebenfalls aufs Gaspedal. Und wenn die Wirtschaft in Japan weiter schwächelt, könnte auch die dortige Notenbank noch mehr das Gaspedal durchdrücken. Vor dem Hintergrund erscheint ein deutlicher Kursrückgang am weltweiten Aktienmarkt aktuell unwahrscheinlich.
Quelle: ntv.de