GM als Vorbild JAL beginnt von vorn
19.01.2010, 11:18 UhrDie hoch verschuldete Fluggesellschaft Japan Airlines (JAL) meldet Insolvenz an und will sich mit Hilfe des Steuerzahlers neu aufstellen. Der Schritt bedeute "nicht das Ende, sondern einen Neustart", sagt Verkehrsminister Seiji Maehara.
Sie war einst das stolze Symbol des japanischen Wirtschaftserfolges. Für Japan Airlines (JAL) zu arbeiten, galt als Traumjob und prima Heiratsmarkt. Die Gehälter waren gut, die Arbeitsplätze sicher und die Pensionszusagen geradezu üppig. Frauen-Universitäten waren stolz, wenn ihre Kandidatinnen als Stewardessen bei JAL landeten. Doch nun hat es sich ausgeträumt. Am Dienstag entließ die Regierung Asiens größte Airline unter der Last milliardenschwerer Schulden in die Insolvenz - eine der größten Pleiten eines japanischen Konzerns außerhalb des Finanzsektors seit dem Zweiten Weltkrieg. JAL soll nun ähnlich wie General Motors in den USA aufgefangen und unter staatlicher Lenkung radikal umgebaut werden.
Die Probleme der 1987 privatisierten Airline haben sich schon vor langer Zeit angebahnt. Schon lange, bevor JAL die Folgen der globalen Wirtschaftskrise zu spüren bekam, machten wiederholte Sicherheitsprobleme, innere Machtrangeleien, verschwenderische Ausgaben für Hotels und andere nicht zum Kerngeschäft gehörende Bereiche und die teure Kostenstruktur dem Unternehmen zu schaffen. Doch um Profitabilität musste sich JAL nie wirklich Gedanken machen.
Staatsnähe trotz Privatisierung
Immer wieder erhielt die einstige Staats-Airline in Krisenzeiten Steuergelder in Milliardenhöhe von den konservativen Vorgängerregierungen der Liberaldemokratischen Partei (LDP). Dafür wurde die Fluglinie gezwungen, viele in der Provinz gebaute Flughäfen trotz weniger Passagiere und hoher Gebühren anzufliegen. Zudem rekrutierte sich die oberste Managerriege laut Kritikern häufig aus den Rängen der machtvollen Bürokratie, die sich jedoch mit Restrukturierungen in der Luftfahrt genauso wenig auskannte wie mit der Ausarbeitung einer langfristigen internationalen Strategie.
Umso bemerkenswerter ist es, dass die seit September regierende Demokratische Partei (DPJ) von Ministerpräsident Yukio Hatoyama anders als die LDP nun hart durchgreift und erstmals ein großes, der öffentlichen Hand nahestehendes Traditionsunternehmen pleite gehen ließ. Seit Monaten zeichnete sich ab, dass JAL ohne einen radikalen Neuanfang nicht überleben kann. Nur mit Hilfe von Notkrediten konnte sich JAL noch in der Luft halten.
Regierungschef Hatoyama, der mit dem Versprechen antrat, Arbeitsplätze zu schaffen und die Verschwendung von Steuergeldern zu stoppen, hat sich für eine Lösung a la General Motors entschieden. Er will JAL retten, dafür aber nur so viel Steuergelder aufwenden, dass die Fluglinie nicht eines Tages erneut am Tropf des Staates landet. Deshalb pochte die Regierung auch zunächst auf eine Reform der Pensionsstrukturen. Mit Erfolg: Mehr als zwei Drittel der JAL-Rentner verzichteten bereits auf 30 Prozent ihrer Pension, und auch die Mitarbeiter stimmten einer harten Kürzung ihrer Rentenansprüche zu.
Ökonomen zufrieden
JAL in eine staatlich geordnete Insolvenz fliegen zu lassen und das Unternehmen einer radikalen Restrukturierung zu unterziehen samt umfangreichem Stellenabbau und Streichung unprofitabler Routen, wird von Ökonomen allgemein begrüßt. Auf diese Weise könnten die Schwierigkeiten des Unternehmens sowie die Zuschüsse der öffentlichen Hand deutlich transparenter gehandhabt werden. Die Insolvenz führt zwar dazu, dass die Hauptanteilseigner sofort riesigen Abschreibungen gegenüber stehen. Gleichzeitig muss die öffentliche Hand über die Sanierungsgesellschaft Etic Milliarden für die Fortführung des Flugbetriebes und der laufenden Kredite stellen, was dazu führt, dass auf den Steuerzahler zunächst eine sehr hohe Belastung zukommt.
Langfristig aber bietet die Insolvenzlösung nach Auffassung von Ökonomen die Chance, die Fluglinie tatsächlich auf eigene Füße zu stellen und damit den jahrzehntelangen Aderlass zu stoppen. Ziel ist es, JAL innerhalb von drei Jahren wieder profitabel zu machen. Eine erfolgreiche Umstrukturierung der Airline könnte laut Experten am Ende sogar Schule machen und auch andere japanische Unternehmen dazu ermutigen, einen solchen Weg zu gehen. Zudem wird die Insolvenz von JAL als Indiz dafür gesehen, dass sich die alten engen Beziehungen zwischen der Regierung und den Unternehmen des Landes ändern dürften.
Quelle: ntv.de, dpa