"Wal von London"-Affäre JP Morgan-Banker angeklagt
14.08.2013, 18:36 Uhr
Mitarbeiter der US-Großbank vernichteten Milliarden.
(Foto: REUTERS)
Die Londoner Abteilung der US-Großbank zockt das Geldhaus tief in die roten Zahlen. Knapp eineinhalb Jahre später erheben die Behörden Anklage gegen zwei Beteiligte. Der im Mittelpunkt des Skandals stehende Händler bleibt indes als Kronzeuge vermutlich verschont.
Die Staatsanwaltschaft im New Yorker Finanzdistrikt Manhattan hat im Handelsskandal bei der US-Großbank JP Morgan zwei Ex-Mitarbeiter angeklagt. Ihnen wird Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen, wie aus Dokumenten für das Gericht hervorgeht. Sie hätten versucht, Verluste in Höhe von Hunderten Millionen Dollar zu vertuschen. Ihn drohen nun neben Geldbußen jeweils bis zu 25 Jahre Haft.
Die beiden früheren Mitarbeiter sind in den Handelsskandal rund um den sogenannten Wal von London verwickelt. Es sind die ersten Anklagen in dem Fall, der im April 2012 aufgedeckt wurde. Riskante Derivate-Geschäfte hatten die Bank satte 6,2 Milliarden Dollar gekostet. Der Händler im Mittelpunkt des Skandals wird Informanten zufolge dagegen von einer Anklage verschont. Dieser hatte dem Institut einen Verlust von 6 Milliarden US-Dollar eingebrockt, kooperiert aber nun mit den Behörden und wird wohl als Kronzeuge aussagen. Wegen der Größe der Handelspositionen bekam er seinen Spitznamen.
"Wal von London" kooperiert
Das Vorgehen gegen den früheren Teamleiter sowie seinen Assistenten soll nun das Handelsdebakel im Londoner Außenbüro aufklären. Der von einer Anklage wohl verschonte "Wal von London" soll Beweise dafür vorgelegt haben, dass er andere vor den Verlusten gewarnt und darauf gedrungen habe, den problematischen Positionen angemessene Bewertungen zuzuschreiben.
Ob auch noch gegen weitere Personen Anklage erhoben wird, bleibt noch unklar. In Frage stand immer, ob auch weitere Vorgesetzte für den Skandal zur Rechenschaft gezogen werden sollen. JP Morgen wollte die aktuelle Anklageerhebung nicht kommentieren.
Die US-Bank J.P. Morgan hat bislang immer argumentiert, dass lediglich eine kleine Gruppe von Händlern an den riesigen Verlusten von Anfang 2012 Schuld gewesen sei. Der Hauptverdächtige und Chef des "Wals" hatte bereits früher betont, nichts falsch gemacht zu haben. Der ehemalige Teamleiter sei sicher, dass er freigesprochen werde, sobald eine komplette und faire Untersuchung der komplexen Vorgänge abgeschlossen ist, sagte sein Anwalt.
Die drei Männer, die im Zentrum des Skandals stehen, arbeiteten in London eng zusammen. Allerdings lieferten sie laut einer internen Ermittlung unterschiedliche Versionen über die Ereignisse am 10. April 2012: An dem Tag verloren die Positionen des "Wals von London" dramatisch an Wert. Einer von ihnen sandte noch am selben Tag eine E-Mail an andere Mitarbeiter des Büros, wonach sich die Verluste gerade einmal auf sechs Millionen Dollar beliefen. Keine 90 Minuten später schickte er eine zweite E-Mail, in der er über Verluste von 395 Millionen Dollar berichtete.
Vorfall als Image-Desaster
Als die internen Ermittler von JP Morgan den "Wal von London" nach der dramatischen Zunahme des Handelsverlustes in so kurzer Zeit befragten, bezeichnete dieser die erste Nummer als "Unfall", sagte Ermittlungsleiter Michael Cavanagh in einem Interview mit einem Unterausschuss des US-Senats.
Der Handelsskandal hat mehrere behördliche Untersuchungen und Kongressanhörungen ausgelöst und das Image des Geldhauses stark beschädigt. Nach früheren Informationen von Insidern will sich die Bank mit den Ermittlern einigen, indem sie eine Strafe zahlt und Fehler einräumt. Bis zum Jahresende werde es wohl einen Abschluss geben. Die Bank hat sich bereits mehrfach entschuldigt.
Unklar ist noch, wann die Angeklagten sich in den USA vor Gericht verantworten müssen. Einer von ihnen ist Spanier, der noch immer in London lebt. Der andere lebt in seinem Heimatland Frankreich.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ