Abwehrkampf gegen ACS Katar steigt bei Hochtief ein
06.12.2010, 17:55 UhrHochtief AG bekommt im Kampf gegen die Übernahme durch den Großaktionär ACS Unterstützung aus Katar. Für die Spanier dürfte der Schritt damit zumindest teurer werden. Analysten halten den Schritt für geschickt, glauben aber nicht, dass sich eine Übernahme durch ACS verhindern lässt.

Ein Hochtief-Mitarbeiter geht in Hamburg auf der Baustelle der Elbphilharmonie an einem Spezialfenster vorbei.
(Foto: dpa)
Im Abwehrkampf gegen den spanischen Angreifer ACS springt dem Essener Baukonzern Hochtief das Emirat Katar als neuer Großaktionär zur Seite. Damit könnten die Karten im Poker um die Zukunft von Deutschlands größtem Baukonzern neu gemischt werden.
Hochtief teilte überraschend mit, die Qatar Holding LLC werde neuer Anteilseigner. Das Investmentunternehmen des Emirats Katar solle 9,1 Prozent am neuen Grundkapital von Hochtief halten. Spekulationen über einen Einstieg des Emirats, das auch die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 ausrichtet und dafür Milliarden-Investitionen in die Stadien und Infrastruktur angekündigt hat, gibt es seit Wochen. Hochtief plant eine strategische Zusammenarbeit mit Katar und schielt auf Aufträge für das Sportgroßereignis. ACS wollte sich zunächst nicht äußern.
Um Qatar Holding ins Boot zu holen, erhöht Hochtief das Grundkapital um rund zehn Prozent. ACS bleibt dabei außen vor - die Kapitalerhöhung wird unter Ausschluss des Bezugsrechts der bestehenden Aktionäre umgesetzt. Der Ausgabepreis je Aktie beträgt 57,114 Euro. Damit flössen Hochtief rund 400 Mio. Euro zu. Der Ad-hoc-Ausschuss des Aufsichtsrats - in ihm sitzen keine Vertreter des Großaktionärs ACS - habe der Kapitalerhöhung bereits zugestimmt, hieß es.
Eine Kapitalerhöhung verwässert die Beteiligung von ACS an Hochtief. Die Spanier müssen damit mehr Aktien einsammeln, um ihr Ziel einer Mehrheit an dem Essener Baukonzern zu erreichen. Bislang liegt die Beteiligung knapp unter 30 Prozent. ACS hat in der vergangenen Woche ein freiwilliges Übernahmeangebot für Hochtief vorgelegt, dass einen reinen Aktientausch vorsieht. So bietet ACS für fünf Hochtief-Aktien acht eigene Papiere. Das Angebot wird als unattraktiv eingestuft, da ACS keine Prämie zahlt. ACS kann allerdings auch am Markt Aktien kaufen, um ihr Ziel zu erreichen. Hochtief wehrt sich seit Wochen gegen das Ansinnen der Spanier, der Vorstand des Essener Konzerns stuft die Offerte als feindlich ein und sucht bereits seit Wochen nach einem neuen Ankerinvestor.
Übernahme nicht vom Tisch
Mit dem Einstieg Katars wird eine Übernahme deutlich erschwert. Der Aktienkurs von Hochtief schnellte am Montag um mehr als vier Prozent auf über 62 Euro nach oben. Analysten halten den Schritt von Hochtief für geschickt, glauben aber nicht, dass sich eine Übernahme durch ACS schlussendlich verhindern lässt. "Eine Übernahme von Hochtief wird deutlich teurer für ACS, jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt gerechnet", sagte ein Analyst. Man dürfe allerdings nicht vergessen, dass die Spanier längerfristig planten. "ACS steht nicht unter Zeitdruck. Mit Schwankungen des Hochtief-Aktienkurses werden sich weitere Gelegenheiten für ACS ergeben, am Markt zuzukaufen."
Ein weiterer Analyst bestätigte diese Einschätzung. "Strategisch gesehen kann sich die Maßnahme des Katar-Engagements sehen lassen", meint er. Eine Übernahme sei aber längst nicht vom Tisch, sie dürfte nur etwas unbequemer für ACS werden.
Hoffen auf die WM 2022
Neben der Kapitalerhöhung vereinbarten Hochtief und die Qatar Holding, ihre Zusammenarbeit zu vertiefen."Wir werden unser Know-how für die Ausrichtung der WM anbieten", kündigte ein Hochtief-Sprecher an. Der Einstieg Katars sei ein "deutliches Signal an ACS", hieß es in Finanzkreisen. Mit dem Emirat, das politisch und wirtschaftlich bestens verdrahtet ist, sitze eine neue Partei mit am Tisch.
"Qatar Holding ist der Ansicht, dass Hochtief gut positioniert ist und exzellente Geschäftsaussichten hat", zitierte Hochtief den Investor. Hochtief ist bereits über fünf Tochtergesellschaften in Katar vertreten und beschäftigt vor Ort mehr als 5000 Mitarbeiter. Projekte sind unter anderem eine mehr als acht Kilometer lange Einkaufs- und Geschäftsstraße in der katarischen Hauptstadt Doha für etwa 1,3 Mrd. Euro. Zudem plant Hochtief seit 2008 als Teil eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem Qatar Bahrain Causeway die längste Länderverbindung der Welt. Auch entwickelt Hochtief in einem weiteren Gemeinschaftsunternehmen bis 2020 eine komplett neue Stadt in Katar für 200.000 Menschen. Diese solle dann auch Gastgeberin der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 sein.
Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter hatte bereits im Oktober in Berlin auf Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz mit dem Wirtschaftsminister des Emirats gesprochen. Reuters hatte Anfang Oktober aus Bankenkreisen erfahren, Hochtief bemühe sich um Investoren etwa aus Dubai oder Katar. Das Emirat Katar ist unter anderem in Deutschland auch an Porsche und Volkswagen beteiligt.
Quelle: ntv.de, rts/DJ