"Wir steigen allmählich aus" Klare EZB-Ansage an Banken
15.10.2010, 08:46 UhrDie derzeit große Abhängigkeit der Geldinstitute von der Europäischen Zentralbank darf nach Ansicht von EZB-Chefvolkswirt Stark nicht zur Gewohnheit werden. Seinen Angaben zufolge will die EZB ihre Liquiditätsmaßnahmen allmählich zurückfahren. Stark fordert die Euro-Mitgliedsländer auf, eigene Lösungen auszuarbeiten.
Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, hat die Banken davor gewarnt, sich bei ihrer Refinanzierung zu sehr von der EZB abhängig zu machen. "Einzelne Banken oder Bankengruppen könnten sich nicht darauf verlassen, ihren Refinanzierungsbedarf durch die EZB abzudecken, sagte Stark dem "Handelsblatt".
Die EZB steige allmählich aus den unkonventionellen Maßnahmen aus, mit denen sie dem Markt zusätzliche Liquidität zur Verfügung gestellt habe. Jetzt seien die Mitgliedstaaten entweder durch die Regulierer oder die Aufsicht in der Verantwortung, Lösungen auszuarbeiten. Offen ließ er, wann genau die EZB den Ankauf von Staatsanleihen einstellen werde. "Solange, wie wir das für nötig erachten", sagte Stark. "Wir beobachten die Situation am Markt sehr genau."
Er gehe aber nicht so weit, eine globale Feinsteuerung und Überwachung nationaler Wirtschaftspolitik zu fordern. "Aber wir sollten uns weltweit auf Prinzipien einer mittelfristigen Haushaltspolitik verständigen, so wie wir es in Europa tun." Stark warnte vor der Gefahr eines Abwertungswettlaufes. Es gebe aber auch gute Gründe für die Erwartung, dass es zu einer weiteren Aufwertung der chinesischen Währung kommen werde.
Weiter Ankauf von Staatsanleihen
Stark unterstrich, die EZB habe den klaren Auftrag, die Geldwertstabilität zu sichern. "Wir haben bereits viele Sondermaßnahmen, die wir zum Höhepunkt der Krise ergriffen haben, zurückgefahren, ohne dass es irgendwelche Verwerfungen an den Märkten gegeben hätte", sagte er auch mit Blick auf die weiter expansive Geldpolitik in den USA. Der Prozess der Normalisierung laufe, unterstrich er. "Unser Ziel ist es aber, zu einem operationellen Rahmen zurückzukehren, wie wir ihn vor der Krise hatten."
Stark plädiert dafür, die richtigen Lehren aus der globalen Krise zu ziehen. Das globale Wachstumsmodell der vergangenen zehn bis 20 Jahre habe mit zu der Krise beigetragen.
"Wir müssen jetzt die Chance für einen neuen Stabilitätspakt nutzen - mit mehr Automatismus in den Verfahren und mehr Automatismus bei der Verhängung von Sanktionen". Das gelte auch für das neue Verfahren der makroökonomischen Überwachung, das ebenfalls Sanktionen vorsehe, wenn Empfehlungen nicht umgesetzt würden.
Quelle: ntv.de, wne/rts/DJ