Kompromiss zur Bankenabgabe Kleine Banken bleiben verschont
08.07.2011, 19:42 Uhr
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Der Bundesrat macht nach langem Streit mit der Bundesregierung den Weg für die Erhebung der neuen Bankenabgabe frei. Nach erneuten Änderungen billigt die Länderkammer die Verordnung, die Details regelt.
Bund und Länder haben ihren Streit über die Bankenabgabe zum Aufbau eines Krisenfonds für die deutsche Kreditwirtschaft beigelegt. Der Bundesrat stimmte einer Rechtsverordnung der Bundesregierung zu, beschloss allerdings eine Reihe von Änderungen. Nach dem Kompromiss könnte die Bankenabgabe für private Geschäftsbanken nochmals teurer werden als zuletzt erwartet. Zugleich werden dank eines Freibetrags vor allem kleinere Institute verschont. Die Privatbanken wollen die Auswirkungen prüfen. Sie mahnen zugleich EU-weite Regeln an. Die Genossenschaftsbanken begrüßten die Lösung.
Kleine Banken mit einer beitragsrelevanten Bilanzsumme von bis 300 Millionen Euro sollen von der Abgabe verschont bleiben. Dies ist vor allem für Sparkassen und Volksbanken von Bedeutung. Im Gegenzug werden größere Institute stärker belastet als ursprünglich geplant.
Das neue Auffangnetz zur Vorsorge gegen künftige Schieflagen soll am Ende etwa 70 Milliarden Euro umfassen. Finanzielle Schieflagen sollen nicht mehr die Steuerzahler tragen, die in der Finanzkrise mit Milliardensummen für strauchelnde Institute bürgen mussten. Den Großteil der 2011 erstmals fälligen Abgabe von jährlich etwa einer Milliarde Euro in normalen Ertragsjahren dürften die Privatbanken schultern, allen voran die Deutsche Bank.
Fällig wird die Abgabe jeweils im September für das Vorjahr. Die Höhe der Abgabe orientiert sich an der Größe, am Risiko und an der Vernetztheit der Geldhäuser. Dazu werden die Passiva in der Bilanz abzüglich Eigenkapital und Kundeneinlagen sowie die Derivate mit einem progressiven Steuertarif belastet. Die Bundesregierung muss die Änderungswünsche des Bundesrats noch in die Rechtsverordnung einarbeiten, was als Formalie gilt.
Banken mit hohem Risiko zahlen mehr
Die Abstimmung im Bundesrat war mehrfach verschoben worden. Bis zuletzt war vor allem die Bagatellgrenze umstritten, die nun bei 300 Millionen Euro festgelegt wurde. Ursprünglich wollten die Länder sogar einen Freibetrag von 500 Millionen Euro erreichen, um die Sparkassen und Volksbanken zu schonen. Der Bund hatte daraufhin gewarnt, im Ergebnis würde das geplante jährliche Aufkommen aus der Bankenabgabe nicht zusammenkommen.
Streit gab es auch um die sogenannte Zumutbarkeitsgrenze, die sicherstellen soll, dass die Institute nicht überlastet werden. Sie wurde auf 20 statt 15 Prozent des Jahresergebnisses festgelegt. Liegt der eigentlich fällige Beitrag darüber, ist eine Nacherhebung in den nächsten fünf Jahren zulässig. Zwischen 2011 und 2019 gilt eine Nacherhebungsfrist von nur zwei Jahren.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erklärte, die Einigung trage zur Stabilität des Finanzsystems bei. Landesfinanzminister Carsten Kühl sagte, Banken mit hohem Risikopotenzial leisteten nach der Änderung durch die Länder einen viel angemesseneren Beitrag zu ihrer eigenen Absicherung als vorgesehen gewesen sei. Zudem hätten die Länder erreicht, dass Geschäfte mit Derivaten stärker belastet würden.
Bayern Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) erklärte, es sei für die Länder unverzichtbar gewesen, Institute wie Sparkassen zu entlasten, die risikoarmes Geschäft betrieben.
Banken reagieren unterschiedlich
Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) begrüßte die Lösung. Der Freibetrag von 300 Millionen Euro wirke sich auf alle Kreditinstitute aus. Er schaffe die Grundlage für eine risikoorientiertere Erhebung der Bankenabgabe und stärke damit ihre Lenkungsfunktion, sagte BVR-Präsident Uwe Fröhlich.
Beim Bundesverband deutsche Banken hieß es dagegen, der Kompromiss müsse genau angesehen werden. Ob er eine - auch verfassungsrechtlich - ausgewogene Lösung darstellt, sei dabei stark von der individuellen Lage des jeweiligen Institutes abhängig, sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Er erinnerte daran, dass es sich um einen deutschen Sonderweg handele. Die Bundesregierung müsse nun auf europäischer Ebene für gleiche Bedingungen sorgen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa