Dienstleister aus der Wachstumsspur Krise erreicht Deutschland
04.07.2012, 10:26 Uhr
Fertigung von Leiterplatten in der Tonfunk Elektronik Systeme GmbH in Ermsleben.
(Foto: picture-alliance/ ZB)
Deutschland steht trotz europäischer Schuldenkrise bislang gut da. Dennoch spürt nun auch das größte Euroland die ersten Symptome. So verschlechtern sich zum ersten Mal in diesem Jahr die Geschäftsaussichten der Dienstleister für die nächsten zwölf Monate. Auch in der Eurozone sieht es trübe aus.
Die Schuldenkrise in der Eurozone und die schwächelnde Weltkonjunktur haben die deutschen Dienstleister im Juni vom Wachstumskurs abgebracht. Der endgültige Service-Index des Markit-Instituts fiel auf 49,9 Punkte von 51,8 Zählern im Mai und rutschte damit knapp unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Somit treten die Dienstleister zum ersten Mal seit acht Monaten praktisch auf der Stelle. Als Gründe für die Flaute gelten weniger Neu- und Folgeaufträge sowie die allgemeine Kaufzurückhaltung der Kunden.
"Rechnet man die Einbußen des Industriesektors mit ein, dann ergibt sich daraus die stärkste Kontraktion der deutschen Privatwirtschaft seit drei Jahren", sagte Markit-Ökonom Tim Moore. Genauen Aufschluss darüber gibt der Composite Index, der die Ergebnisse aus dem Industrie- und dem Dienstleistungssektor zusammenfasst. Er fiel von 49,3 Punkten im Mai auf aktuell 48,1 Zähler. Dabei wurde der erste Schätzwert von 48,5 Punkten leicht unterschritten.
Die Geschäftsaussichten der Dienstleister für die nächsten zwölf Monate verschlechterten sich zum ersten Mal in diesem Jahr und trübten sich gegenüber dem Vormonat deutlich ein. Das entsprechende Barometer gab so stark nach wie zuletzt im November 2002. "Ausschlaggebend hierfür waren vor allem die erneut schrumpfenden Auftragseingänge und die anhaltenden Sorgen um die Weltwirtschaft", erläutert Moore.
Grund für das Auftragsminus sind hauptsächlich die schwächere Binnennachfrage und die niedrige Ausgabenbereitschaft der Kunden in den Euro-Ländern. Mit Abstand am schlechtesten schnitten die Bereiche Vermittlung von Finanzdienstleistungen und Post & Telekommunikation ab. Insgesamt verbuchte die deutsche Privatwirtschaft den stärksten Rückgang seit sieben Monaten.
Trübe Aussichten für Eurozone
Die Dienstleister der Eurozone bremsten im Juni ihre Talfahrt leicht. Der Einkaufsmanagerindex für den Service-Sektor stieg um 0,4 auf 47,1 Punkte, wie das Markit-Institut mitteilte. Das Barometer blieb damit weiter unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und signalisierte schrumpfende Geschäfte. Wichtigster Grund für die Schwäche waren die hohen Verluste beim Auftragseingang: Private Haushalte und Geschäftskunden zeigten sich in Zeiten der Euro-Krise gleichermaßen verunsichert.
Die Geschäftsaussichten für die Branche sind der Umfrage zufolge daher äußerst ungünstig. Der entsprechende Index sackte binnen Monatsfrist so stark ab wie nie zuvor in den zurückliegenden 13 Jahren auf den tiefsten Wert seit März 2009. Lediglich nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte der Index noch stärker nachgegeben. Markit-Chefökonom Chris Williamson machte die "eskalierende Politik- und Schuldenkrise" für den Einbruch der Aussichten verantwortlich.
In Frankreich, Italien, Spanien und Irland verlangsamte sich die Talfahrt, Schlusslichter waren erneut Italien und Spanien. Der Composite Index für die Euro-Zone, der Industrie- und Servicefirmen zusammenfasst, landete auf Basis endgültiger Daten bei 46,4 Punkten und damit etwas über dem Stand von 46,0 im Mai sowie in der ersten Schätzung für Juni.
Quelle: ntv.de, wne/rts