Dritte Streikwelle rollt an Lufthansa vor turbulentem Freitag
06.09.2012, 17:55 Uhr
Zehntausende Fluggäste hat der Flugbegleiter-Streik bei der Lufthansa schon getroffen. Am Freitag wird es noch viel schlimmer werden: Dann droht ein bundesweiter Ausstand. Bislang deutet im Tarifstreit nichts auf eine Annäherung hin. Bereits heute muss die Lufthansa Dutzende Flüge streichen.
Der bundesweite Streik der Lufthansa-Flugbegleiter wird den Luftverkehr am Freitag empfindlich treffen. Deutschlands größte Airline hat bereits vorsorglich . Die Kunden wenden sich ab, fliegen mit Wettbewerbern oder fahren mit Bahn und Auto. Zu Belastungen für die Passagiere kam es bereits heute. Die Airline strich 48 Flüge. Neben einzelnen Inlandsflügen fielen vor allem Interkontinentalverbindungen aus.
Hoffnungen auf eine Absage des Streiks zerstreuen sich immer mehr. Die Kontrahenten betonen zwar gebetsmühlenartig ihre Gesprächsbereitschaft. Den ersten Schritt will aber niemand tun.
Passagiere müssen sich zum Ende der Sommerferien damit auf einen weiteren chaotischen Freitag einstellen. Bereits in der vergangenen Woche hatten die Stewards und Stewardessen den Betrieb in Frankfurt lahmgelegt. Am Dienstag wurde in Frankfurt, Berlin-Tegel und München gestreikt. Viele Verbindungen fielen aus, Reisende blieben auf ihren gepackten Koffern sitzen.
Am Freitag dürften die Auswirkungen weitaus schlimmer sein. Lufthansa sagt 1200 von ursprünglich geplanten 1800 Starts und Landungen ab. Rund 180.000 Passagiere dürfte das einen Strich durch die Rechnung machen. Allein die Lufthansa-Billigtochter Germanwings und die Regionalpartner der Airline sind von dem Ausstand nicht betroffen. Sie haben andere Tarifverträge.
Die Deutsche Bahn will am Freitag zusätzliche Züge fahren lassen. "Bei Bedarf werden wir alles, was uns an rollendem Material zur Verfügung steht, auf die Schiene bringen", sagte ein Konzernsprecher. Die Lufthansa hat mit der Bahn für Flugausfälle oder verpasste Anschlussflüge ein Kooperationsabkommen: Passagiere können ihr Flugticket in ein Zugticket umwandeln. Dafür wird die Airline die Bahn auch entschädigen.
Eine Absage dieses dritten Streiktags wird unterdessen immer unwahrscheinlicher. Zwar keimten Hoffnungen auf, dass Lufthansa und die Gewerkschaft Ufo ihren Tarifkonflikt durch einen Schlichter beilegen könnten. Nun stellten aber beide Seiten klar, dass dies nur möglich sei, wenn der jeweils andere den ersten Schritt tut.
Dazu ist aber gegenwärtig keine der Parteien bereit. "Wir haben zum Streik aufgerufen. Wenn Lufthansa den Arbeitskampf verhindern will, muss der Vorstand auf uns zukommen", sagte Ufo-Chef Nicoley Baublies. "Wir klopfen nicht bei Ufo an", konterte Lufthansa.
Umbuchungen in großem Stil
Die Gewerkschaft erwartet, dass der Lufthansa-Vorstand sie direkt anspricht. Sollte sich Lufthansa doch noch zu diesem Schritt durchringen, könnte sich das Blatt wenden: Einigen sich beide Seiten auf weitere Verhandlungen oder eine Schlichtung, würde Ufo nach Aussagen von Baublies den Streik absagen.
Passagiere können aber auch in diesem Fall nicht uneingeschränkt aufatmen. Viele Flüge, die Lufthansa vorsorglich gestrichen hat, würden trotzdem ausfallen. Ein Teil der Reisenden hat bereits umgebucht und gar kein Interesse mehr an einem Lufthansa-Flug. Für die Airline wäre eine Absage des Arbeitskampfes dennoch die Rettung. Denn sie könnte zumindest am Samstag fast ihren normalen Flugplan einhalten.
Für das Unternehmen sei der Schaden längst eingetreten, erklärte Sprecher Andreas Bartels. Betroffene Fluggäste seien umgebucht worden. "Leere Flugzeuge zu fliegen, macht keinen Sinn." Damit richtet die bislang als brav beschriebene Gewerkschaft Ufo den bislang größten Ausfall an einem einzigen Streiktag in der Geschichte der Lufthansa an.
Der Personalchef der Lufthansa Passage, Peter Gerber, hatte am Mittwoch eine auf wenige Vergütungsfragen verengte Schlichtung angeregt. Über den Einsatz von Leiharbeitern oder die Gründung einer internen Billiglinie mit niedrigeren Tarifen wollte er aber explizit nicht sprechen und behielt damit die bisherige Linie in der Schlichtungsfrage bei.
Schon seit 13 Monaten verhandeln Lufthansa und die Gewerkschaft über höhere Gehälter für mehr als 18.000 Flugbegleiter. Während Ufo 5 Prozent mehr Gehalt fordert, bietet Lufthansa wegen des harten Wettbewerbsdrucks nur ein Plus von 3,5 Prozent. Weitere strittige Themen sind der Einsatz von Leihpersonal und die Ausgliederung von Beschäftigten.
Eine Übersicht über ausgefallene Flüge finden Sie hier. Auf der Seite Lufthansa können Sie zudem den Status Ihres Fluges abfragen. Telefonisch erreichen Sie die Lufthansa unter 01805 / 805 805. Die Fluggesellschaft bittet Passagiere, deren Flüge gestrichen wurden, auf den Internetseiten des Unternehmens ("Online Check-In") zu prüfen, ob sie bereits auf einen Alternativflug eingecheckt wurden: "Ist dies der Fall, kann die Bordkarte für diesen neuen Flug sofort online erstellt werden."
Quelle: ntv.de, wne/DJ/rts/dpa