Mit Chevrolet im Gepäck Magna will Russland erobern
12.06.2009, 17:47 UhrDer mögliche Opel-Investor Magna will mit dem deutschen Autobauer und der GM-Marke Chevrolet den russischen Markt neu aufrollen. Dazu wollen die Österreicher offenbar die Kontrolle über Chevrolet in Russland übernehmen. Binnen fünf Jahren will Magna so einen Marktanteil von 18 Prozent erreichen. Autoexperten sind skeptisch.
Mit Opel und der GM-Marke Chevrolet will Magna den russischen Markt erobern. Das aktualisierte Konzept des österreichisch-kanadischen Zulieferers für einen Einstieg bei Opel sieht vor, "dass 'NewOpel' bis auf weiteres das Exklusivrecht haben wird, die Marke Chevrolet in Russland zu produzieren und zu vertreiben". Das "Handelsblatt" sieht daher das Schicksal von Opel "eng mit der GM-Marke Chevrolet verbunden". Opel- Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz betonte hingegen, dass der Autobauer die Rechte an Chevrolet in Russland nicht zum Überleben benötige: "Chevrolet könnte das Geschäft als zusätzlicher Benefit versüßen, das ist aber nicht die Basis des Geschäftsmodells von Magna."
Magna strebt laut dem Geschäftsplan gemeinsam mit der russischen Sberbank die komplette Übernahme von Chevrolet in Russland an. Die GM-Marke ist die Nummer drei auf dem russischen Markt. GM verkauft nach Angaben des Opel-Betriebsrats jährlich rund 450 000 Chevrolets in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).
Knapp ein Fünftel Marktanteil
Magna will bis 2014 rund 350.000 Chevrolets und 200.000 Opel pro Jahr in Russland verkaufen und damit knapp 18 Prozent Marktanteil erreichen. Gemeinsam mit dem russischen Hersteller Gaz, der in das Konzept einbezogen werden solle, seien Produktionskapazitäten von 700.000 Autos in Russland geplant. Das entspricht laut dem Zeitungsbericht fast der Hälfte des gesamten "New-Opel"-Absatzes, den Magna für 2014 geplant hat.
Der Analyst des Marktforschers Global Insight, Tim Urquhart, zweifelt die ehrgeizigen Ziele aus dem Magna- Papier an: "Magnas Prognose, 350.000 Chevrolets und 200.000 Opel zu verkaufen, erscheint uns sehr ambitioniert." Er gehe davon aus, dass die Prognose um mindestens 30 Prozent über den erreichbaren Zielen liege. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass GM sein erfolgreiches Russland-Geschäft an New-Opel abtreten werde.
Der Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz betonte, dass das angestrebte Exklusivrecht für Chevrolet in Russland "sicher einer der wichtigsten Deals sein" werde. Magna verhandele darüber gerade mit GM. Die Zukunft Opels hänge aber nicht vom Erfolg dieser Verhandlungen ab: "Es wäre natürlich toll, wenn wir die 450 000 Einheiten Chevrolet für die GUS-Staaten in dieses Business mit reinbekommen könnten."
Keine Einigung über Opel
General Motors hat noch keine exklusive Vereinbarung mit Magna bezüglich Opel getroffen. GM sei offen für Gespräche mit anderen Opel-Interessenten, sagte Konzernchef Fritz Henderson nach einer Anhörung vor einem Ausschuss in Washington. GM verbringe viel Zeit mit Magna, um ein konkretes Abkommen auszuhandeln, sagte er.
Die Bundesregierung bereitet sich derweil auf den Fall vor, dass sich die Österreicher nicht mit dem insolventen US-Autoriesen einigen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, dass die Bundesregierung mit weiteren möglichen Investoren spreche. Die Verhandlungen zwischen GM und Magna könnten noch scheitern, betonte Guttenberg am Donnerstag in Berlin. Für diesen Fall halte man trotz des vereinbarten Opel-Rettungspakets Kontakte zu weiteren Interessenten. Darunter seien auch solche, die bislang nicht öffentlich bekannt seien.
Betriebsratschef Franz warf Guttenberg vor, den einstimmigen getroffenen Zuschlag für Magna unter Vorsitz der Bundeskanzlerin nicht mit aller Kraft zu unterstützen. "Wir arbeiten hart daran, die Verhandlungen mit Magna auf einen guten Weg zu bringen. Das fordere ich auch von Guttenberg, statt jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben", sagte Franz.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte klar, dass nach wie vor ein chinesischer Investor Interesse am Erwerb des Autobauers Opel habe. Merkel betonte im ZDF, dass es zwischen Opels bisherigem Mutterkonzern General Motors (GM) und dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna derzeit nur eine Absichtserklärung über den Erwerb gebe.
Milliardenschwerer Überbrückungskredit
Für die Zeit der Verhandlungen stellt Deutschland einen staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro bereit. Auch der US- Finanzierer Ripplewood, der chinesische Autobauer BAIC und der italienische Fiat-Konzern interessierten sich zuletzt für Opel.
Dem Plan sieht Magna die Basis für eine erfolgreiche Zukunft von "New Opel" in einem profitablen Wachstum in Westeuropa und im Abbau von Überkapazitäten. Die Kosten sollen im Zeitraum 2009 bis 2014 um 1,4 Milliarden US-Dollar (1 Milliarden Euro) gesenkt werden. Gleichzeitig strebt Magna ein "deutlich positives operatives Ergebnis" von 3,3 Milliarden Dollar in dem Zeitraum an.
Nach dem Plan sollen in der Produktion der neuen Opel-Gesellschaft europaweit rund 9500 Stellen gestrichen werden. Die Auslastung der Werke soll von derzeit 56 Prozent auf 96 Prozent steigen. In der Verwaltung und im Vertrieb ist der Wegfall von weiteren 2100 Stellen geplant. Franz betonte am Freitag, dass Magna bisher noch "keine Sekunde" mit dem Betriebsrat über einen möglichen Stellenabbau verhandelt habe.
Die neue Opel-Gesellschaft - in die größtenteils das GM- Europageschäft einfließt - beschäftigt 55 000 Menschen. Dem Plan zufolge soll sie auch ein Microcar unterhalb des Corsa anvisieren. "Wir beabsichtigen, mittelfristig die Entwicklung eines solchen Autos zu initiieren, um weiteres Marktpotenzial zu erschließen", heißt es.
Quelle: ntv.de, nne/dpa