Wirtschaft

Produktion in Japan gestoppt Maschinenbau fürchtet Engpässe

Weil in Japan Produktionsstätten lahmliegen, drohen in immer mehr deutschen Branchen Nachschubprobleme. Japan exportiert vor allem Werkzeugmaschinen, Antriebstechnik und Fördertechnik.

Viele Japaner versuchen, die Normalität aufrecht zu erhalten.

Viele Japaner versuchen, die Normalität aufrecht zu erhalten.

(Foto: REUTERS)

Die Lieferengpässe wegen der Katastrophe in Japan treffen immer mehr Unternehmen in Deutschland. Nach der Elektroindustrie warnen auch der Maschinenbau und Unternehmen aus dem Optik- und High-Tech-Sektor vor Nachschubproblemen. Der größte deutsche Autobauer VW sieht nur bis Ende nächster Woche die Lieferungen gesichert. Die Japanische Industrie- und Handelskammer in Deutschland warnte vor einem Boykott japanischer Waren. "Es geht derzeit keine Gefahr von den Produkten aus", sagte Hauptgeschäftsführer Kazuaki Yuoka mit Blick auf die Furcht vor radioaktiver Belastung.

Der Maschinenbau befürchtet Lieferengpässe "in den nächsten Wochen." Im Moment gebe es aber noch keine Produktionsausfälle im deutschen Maschinenbau, sagte Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, in Frankfurt. Mittelfristig könnten Engpässe bei Einzelkomponenten und elektronischen Steuerungen aber nicht ausgeschlossen werden.

"Das trifft dann aber grundsätzlich alle Kunden der Japaner weltweit, stellt also keine einseitige Belastung für den deutschen Maschinenbau dar", betonte Hesse. Es bestehe kein Grund, in Panik zu verfallen. Bislang sei die Weltkonjunktur sehr robust. "Die Nachfrage nach Ausrüstungsgütern, insbesondere in den Schwellenländern Asiens und Lateinamerikas, dürfte durch die schrecklichen Ereignisse in Japan wenig beeinträchtigt werden." Die psychologischen Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen könne aber niemand vorhersehen.

Platz 5 bei den Importen

Japan exportiert vor allem Werkzeugmaschinen, Antriebstechnik und Fördertechnik. Japan liegt bei den Importen nach Deutschland auf Platz 5 mit einem Wert von 3,2 Mrd. Euro und einem Anteil von 7 Prozent. Dabei handelt es sich neben Komponenten wie Antriebstechnik und Lufttechnik auch um komplette Maschinen wie Werkzeugmaschinen.

In dieser Woche hatte bereits der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie erklärt, bei längerfristigen Produktionsausfällen könne es weltweit zu Ausfällen kommen, die dann Auswirkungen auf eine Vielzahl elektronischer Erzeugnisse hätten.

Probleme sieht Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW): "Es bedeutet einiges, wenn Chips aus Japan ausfallen". "Es könnte zu Domino-Effekten kommen, die den gesamten asiatischen Raum erfassen. Und damit auch Autokonzerne und Computerfirmen auf anderen Kontinenten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

VW und Porsche kämpfen zwar derzeit noch nicht mit Lieferengpässen wegen der Katastrophe in Japan. Dennoch: "Wir haben schon am Wochenende eine Task Force eingerichtet", sagte der Chef von Volkswagen und der Porsche Dachgesellschaft SE, Martin Winterkorn. Diese entscheide täglich darüber, aus welchen Regionen Teile und Komponenten bezogen werden. In dieser und auch in der nächsten Woche seien keine Engpässe zu erwarten. Aber Winterkorn schränkte ein: "Danach müssen wir sehen". Porsche-Chef Matthias Müller betonte: "Wir sind in Japan voll handlungsfähig." Die Versorgungskette sei weiter gesichert. Porsche bezieht unter anderem Getriebe von dem japanischen Zulieferer Aisin.

Globale Lieferketten

Auch mittelständische Unternehmen im optischen Bereich und aus der High-Tech-Branche sind von den Lieferproblemen in Japan betroffen. "Es gibt jetzt schon Engpässe und die Engpässe werden sich verschärfen", sagte der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven.

In Japan werden Spezialgläser und Gestelle für die Optik hergestellt, aber auch einzelne europäische Länder wie Frankreich sind nach BVMW-Angaben auf dem Gebiet stark. "Man wird also auf andere Hersteller ausweichen können, wenn die Japaner Engpässe haben", sagte Helmut Bauer, Vorstandsvorsitzender der Firma Binderoptik, der dpa. Höhere Kosten und somit ansteigende Preise müssten somit weder die Hersteller noch Endkunden befürchten. Zudem hätten japanische Optikunternehmen einen großen Teil ihrer Produktion nach Thailand oder China ausgelagert.

"Die kurzfristigen Auswirkungen der Katastrophe sind auch ohne die Unwägbarkeiten einer nuklearen Wolke massiv", sagte Detlef Rehn von der Außenwirtschaftsgesellschaft Germany Trade & Invest in Tokio. "Die Folgen werden sich auch in den globalen Lieferketten bemerkbar machen." Firmen versuchten, "Ausfälle durch verstärkte Produktion in anderen Landesteilen, vor allem in Westjapan, auszugleichen", berichtete Rehn. IT-Unternehmen hätten sich beispielsweise auf Telearbeit ihrer Mitarbeiter umgestellt, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Die Jahrhundertkatastrophe und die Gefahr vor einer radioaktiven Strahlung hatte in Japan zu landesweiten Produktionsstopps in der Automobil- und Elektronikindustrie geführt. Einige Unternehmen wollten ihre Werke für Tage schließen, andere länger.

Quelle: ntv.de, dpa

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