Wirtschaft

Hilfspakete nicht beliebig ausweiten Merkel warnt vor Überforderung

2012-01-25T170244Z_01_CVI172_RTRMDNP_3_DAVOS.JPG2154494618975901116.jpg

In ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erteilt Bundeskanzlerin Merkel den Rufen mancher europäischer Nachbarn nach einer stärkeren finanziellen Unterstützung erneut eine Absage und warnt vor einer Überforderung Deutschlands. Zuvor wird Kritik am von Deutschland geführten Euro-Krisenmanagement laut.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Forderungen nach einer beständigen Ausweitung der Hilfspakete zur Bekämpfung der Schuldenkrise im Euro-Raum kritisiert und vor einer Überforderung Deutschlands gewarnt. Sie bezweifle, dass mit immer größeren Hilfe-Versprechen Glaubwürdigkeit geschaffen werde, sagte die Kanzlerin in ihrer Eröffnungsrede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Es müsse vermieden werden, dass Deutschland als starkes Euro-Land in die Gefahr komme, seine Versprechen nicht mehr halten zu können. Käme es zu dieser Situation, hätte ganz Europa eine "offene Flanke".

Bundeskanzlerin Merkel bleibt beim "Nein" zu mehr finanzieller Unterstützung.

Bundeskanzlerin Merkel bleibt beim "Nein" zu mehr finanzieller Unterstützung.

(Foto: REUTERS)

Es mache keinen Sinn, eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Euro-Hilfen zu fordern. "Ich frage mich immer, wie lange ist das glaubwürdig." Der geplante Fiskalpakt werde nicht der letzte Schritt zu einer stärkeren Integration in Europa sein. "Wir reden uns nicht mehr heraus." Die Defizite ließen sich aber nicht "mit einem Paukenschlag überwinden".

Merkel wies Vorhaltungen von EU-Partnern und aus den USA zurück, Deutschland müsse mehr zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte beitragen. Sie wisse, dass es diese Spannungen im Euro-Raum gebe. Es dürfe bei der Wettbewerbsfähigkeit aber keine Gleichmacherei ohne Ambitionen geben. Man sollte dem Besten in Europa nacheifern.

Nachdrücklich warb Merkel für mehr Integration in Europa auch über die geplante Fiskalunion hinaus. "Wir müssen bereit sein, mehr Kompetenzen nach Europa abzugeben", forderte sie. Erneut plädierte Merkel für eine Kombination aus Haushaltskonsolidierung und dem Schaffen von Anreizen für mehr Wachstum und Beschäftigung.

Schon vor ihrem Auftritt in Davos hatte Merkel in einem Interview für mehrere europäische Zeitungen auf die Gefahr einer Überlastung Deutschlands hingewiesen. Niemandem sei gedient, wenn am Ende selbst Europas größter Volkswirtschaft "die Kraft ausgeht". In der Diskussion um eine Aufstockung des dauerhaften Rettungsmechanismus ESM versicherten Regierung und wichtige Koalitionspolitiker, dass die Obergrenze aus heutiger Sicht bei 500 Mrd. Euro gehalten werden sollte. Ob es nach einer Überprüfung im März dabei bleiben könne, sei jedoch offen. IWF-Chefin Christine Lagarde brachte ins Gespräch, im Fall der Griechenland-Umschuldung notfalls neben privaten auch öffentliche Gläubiger wie die Europäische Zentralbank mit zur Kasse zu bitten.    

Weltbank-Chef Robert Zoellick forderte die Bundesregierung auf, die Führung bei der Lösung der Schuldenprobleme in der Euro-Zone zu übernehmen. In der "Financial Times" würdigte er die Rolle Merkels bei den Bemühungen, in Europa mehr Finanzdisziplin durchzusetzen: "Aber diese Schritte reichen nicht aus." Zoellick forderte auch Deutschland auf, Zugeständnisse nicht nur scheibchenweise zu machen, sondern die Karten "jetzt auf den Tisch" zu legen. Merkel versicherte in Davos, an der Solidarität Deutschlands bei der Lösung der Staatsschuldenkrise könne es keinen Zweifel geben.    

Kritik an Deutschland

In Davos wurde vielfach Kritik am von Deutschland geführten Euro-Krisenmanagement laut. "Deutschland diktiert eine Politik, die in eine Schuldenspirale mit deflationären Folgen führt", sagte etwa Investorenlegende George Soros. Er frage sich, wann sich die Erkenntnis durchsetze, "dass die Währungsunion auf einem selbstzerstörerischen Kurs ist".

Soros warf Deutschland vor, Euro-Krisenstaaten unerreichbare Ziele zu setzen und sie damit gegen sich aufzubringen. Das derzeitige Euro-Krisenmanagement erzeuge Widerstand in Ländern der Peripherie. Als Hilfe für angeschlagene Staaten wie Italien und Spanien schlug er einen "Kreditgeber der letzten Zuflucht" aus Europäischer Zentralbank und den Krisenmechanismen EFSF und ESM vor. Mit diesem Garanten im Rücken könnten sich die Staaten günstig refinanzieren.

Quelle: ntv.de, sla/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen