Wirtschaft

"Die Angst ist heute zurück" Merkozy wollen Europa retten

Am 22. April 2012 muss sich Frankreichs Präsident Sarkozy dem Votum der Wähler stellen.

Am 22. April 2012 muss sich Frankreichs Präsident Sarkozy dem Votum der Wähler stellen.

(Foto: Reuters)

Frankreichs Präsident Sarkozy läutet die vorläufig letzte Runde zur Rettung Europas aus der eskalierenden Schuldenkrise ein. Am Montag will er gemeinsam mit Kanzlerin Merkel einen gemeinsamen Plan vorstellen, wie die Euro-Staaten künftig auch zum Sparen gezwungen werden können. Finanzminister Schäuble setzt derweil die Idee eines Tilgungsfonds ähnlich dem der DDR-Schulden auf die Agenda.

Trommelwirbel für die Zukunft Europas: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Montag in Paris gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Details eines Rettungsplanes für die Euro-Krise präsentieren. Paris und Berlin dringen auf zügige Änderungen der EU-Verträge für eine strengere Überwachung der Euro-Stabilitätsregeln. Europa müsse neu überdacht werden, betonte Sarkozy in der Grundsatzrede zur Zukunft der EU. Dazu gehöre auch der Schengen-Vertrag über die grenzenlose europäische Mobilität.

Er bekräftigte die Notwendigkeit eines engen Schulterschlusses mit Deutschland. An einem starken Euro führe kein Weg vorbei, es müsse aber in Europa eine stärkere Solidarität geben, bei der auch die Europäische Zentralbank eine tragende Rolle spielt. "Die EZB ist unabhängig, sie wird es bleiben". Das sei aber nur möglich mit einer stärkeren Haushaltsdisziplin sowie automatischen Sanktionen. "Jedes Euro-Land muss eine Goldene Regel haben" - sie soll einen ausgeglichenen Haushalt als Verfassungsziel festschreiben.

"Wir verändern die Regeln der Globalisierung (...) nicht allein", betonte der Präsident. Auf nationaler und europäischer Ebene gebe es gemeinsame Probleme: "Die Isolierung ist keine Lösung - ein Einigeln wäre tödlich für unsere Wirtschaft". Frankreich und Deutschland hätten nach tragischen Zeiten endlich zueinandergefunden. Ein geeintes deutsch-französisches Paar bedeute ein geeintes Europa - er sei davon überzeugt und werde sich davon nicht abbringen lassen. "Europa ist keine Wahl mehr, sondern eine Notwendigkeit", betonte er vor 5000 Zuhörern in Toulon, wo er bereits nach dem Fall der Investmentbank Lehman Brothers 2008 eine Rede gegen das Finanz-Spekulantentum gehalten hatte: "Die Angst ist heute zurück".

Entgegen allen Ratschlägen sei er aber entschlossen, den Franzosen in aller Deutlichkeit den Ernst der Lage nahezubringen. Die Einführung der 35-Stunden-Woche und die Verkürzung der Lebensarbeitszeit seien schwere Fehler gewesen, deren Konsequenzen Frankreich heute zu zahlen habe. Das Land müsse alle Zweifel zerstreuen, dass es seine Schulden nicht zurückzahlen könne - damit es auch in schwierigen Zeiten weiter sein Schicksal bestimmen könnte. Es habe die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen, betonte Sarkozy in der landesweit im Fernsehen übertragenen Rede.

Draghi drängt auf Einigung

Bleibt hart in Sachen Anleihenkäufen: EZB-Chef Mario Draghi.

Bleibt hart in Sachen Anleihenkäufen: EZB-Chef Mario Draghi.

(Foto: dpa)

EZB-Chef Mario Draghi bezeichnete einen Durchbruch der 27 EU-Regierungen bei der geforderten EU-Vertragsänderung als Basis für mehr Engagement der Zentralbank in der Schuldenkrise.  "Ich denke, unsere Währungsunion braucht eine neue Übereinkunft in Fiskalfragen", sagte der EZB-Präsident bei der Vorstellung des Jahresberichts der Bank vor dem Europa-Parlament. So werde die Voraussetzung geschaffen, damit die Schuldenstaaten und die Euro-Zone an Glaubwürdigkeit gewinnen könnten. "Weitere Elemente können folgen, aber die Abfolge ist entscheidend", sagte Draghi und ließ zugleich offen, welche Maßnahmen zur Stabilisierung der Märkte er im Hinterkopf hat.

Zugleich machte der EZB-Chef deutlich, dass sich die Zentralbank mit ihren Staatsanleihekäufen nicht in die Rolle eines Staatsfinanzierers drängen lassen werde: "Die EZB kann innerhalb des EU-Vertrags handeln. Daher sollte nichts von ihr verlangt werden, was nicht im Vertrag steht." An die EZB war die Forderung herangetragen worden, ihre Bondkäufe massiv auszuweiten und damit als Kreditgeber für Staaten zu fungieren. Es sei Aufgabe der Staaten, ihre Glaubwürdigkeit an den Finanzmärkten selbst zu stärken, sagte Draghi.

Von DDR-Schulden lernen...

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schlug vor, dass die EU-Staaten einen Teil ihrer Schulden in einen nationalen Tilgungsfonds einbringen sollten. Damit soll ein transparenteres Verfahren zum Abbau der übermäßigen Staatsverschuldung in der EU geschaffen werden, was auch zur Vertrauensbildung an den Finanzmärkten beitragen soll.

Die nationalen Sonderfonds für Schulden, die über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen, sollen nach seinen Vorstellungen mit eigenen Einnahmen unterlegt und binnen 20 Jahren abgebaut werden. Vorbild dafür könne der deutsche Erblastentilgungsfonds sein, sagte der CDU-Politiker.

In diesem Fonds wurden 1995 die Schulden der DDR von rund 170 Mrd. Euro zusammengefasst. In den Folgejahren wurden diese Schulden insbesondere durch die jährlichen Gewinne der Bundesbank sowie die Erlöse aus der Versteigerung von UMTS-Mobilfunklizenzen deutlich reduziert. Für Aufsehen sorgte vor zwei Jahren die Ankündigung der Bundesregierung, den Fonds vollständig getilgt zu haben. Das stimmte zwar, doch wurden die Schulden nicht vollständig abgetragen, sondern lediglich durch geschickte Refinanzierung in den Bundeshaushalt übertragen.

Der EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt schreibt vor, dass die Staatsschulden eines Mitgliedslandes nicht über der Marke von 60 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung liegen dürfen. Zahlreiche EU-Länder liegen derzeit darüber. In Deutschland liegt die Schuldenstandsquote zurzeit bei gut 80 Prozent des BIP. Sie soll bis 2015 auf etwa 70 Prozent zurückgeführt werden. Wirtschaftsminister Philipp Rösler regte an, die Defizitgrenze im Stabilitätspakt mittelfristig von drei auf zwei Prozent abzusenken. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, dass die Bundesregierung die Einführung von Euro-Bonds geschlossen ablehne.

Quelle: ntv.de, nne/dpa

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