Zwist mit Leo Kirch Middelhoff stützt Breuer
07.06.2011, 13:05 UhrThomas Middelhoff hat einige Erfahrungen mit kniffeligen Verfahren. In der Dauerfehde zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank ist der Manager allerdings nur Zeuge - und hadert mit seinem Alter.
Der erbitterte Kampf zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank ist mit der Aussage von Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff in eine weitere Runde gegangen. Der frühere Medienmanager sollte vor dem Oberlandesgericht München helfen, Licht ins Dunkel um die Vorgänge vor der Pleite des Kirch-Konzerns 2002 zu bringen. Kirch wirft der Bank und ihrem damaligen Chef Rolf Breuer vor, den Zusammenbruch seines Medienimperiums verschuldet zu haben und kämpft seit Jahren um milliardenschweren Schadenersatz.
Treffen beim Kanzler
Middelhoff berichtete vor allem ausführlich über ein Gespräch vom 27. Januar 2002 beim damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die Runde sprach in Hannover bei einem Abendessen über die ungewisse Zukunft des damals bereits schwer angeschlagenen Kirch-Konzerns. Über eine mögliche Aufteilung des weit verzweigten Medienimperiums etwa nach einer Pleite sei aber nicht gesprochen worden, betonte Middelhoff vor Gericht.
Das Gespräch - an dem auch der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer und der mittlerweile gestorbene frühere Chef der WAZ-Gruppe, Erich Schumann teilnahmen - war von Middelhoff angeregt worden. Der damalige Bertelsmann-Chef hatte Sorge, dass der US-Kabelunternehmer John Malone und der Medienzar Rupert Murdoch die Schwäche Kirchs nutzen könnten, um Teile oder das gesamte Unternehmen zu übernehmen.
"Ich sah in dem Ganzen eine industriepolitische Dimension", sagte Middelhoff. "Wir wussten seit langem, dass Kirch finanzielle Probleme hatte." Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kirch-Gruppe geschwächt fortbestehen könnte, sei gleich Null gewesen, auch wenn ihm das am liebsten gewesen wäre. Vom Ausgang des Gesprächs sei er enttäuscht gewesen, es sei ohne konkrete Ergebnisse geblieben - auch weil die Teilnehmer unterschiedliche Interessen gehabt hätten. Breuer habe sich an dem Abend aber sehr zugeknöpft gegeben, weil die Bank mit Kirch Geschäfte machte, sagte Middelhoff.
Breuer weist Schuld von sich
Kirch wirft der Bank und Breuer vor, die Pleite verursacht zu haben. Vor allem vermutet der einst mächtige Medienunternehmer, dass die Bank ihn in die Enge treiben wollte, um dann am Umbau und Verkauf von Teilen des Konzerns mitzuverdienen. Die Bank weist dies zurück. Breuer berichtete zwei Tage später im Vorstand der Bank über die Runde beim Kanzler. Wenige Wochen später gab Breuer ein Interview, in dem er die Kreditwürdigkeit Kirchs anzweifelte. Kirch wirft Breuer vor, dies vorsätzlich getan zu haben und damit Schuld an seiner Pleite zu sein. Breuer weist das zurück. Für die Pleite sei Kirch wegen vieler defizitärer Geschäfte und hoher Schulden selbst verantwortlich. "Was ich gesagt habe, war die Wahrheit und allgemein bekannt", betont Breuer.
Ein Reporter hatte damals gefragt, ob man dem hoch verschuldeten Medienunternehmer Kirch und seinem weitverzweigten Firmengeflecht nicht helfen sollte. "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", hatte Breuer ein wenig umständlich festgestellt.
Middelhoff hadert mit dem Alter
Vor Beginn seiner Aussage sorgte Middelhoff für Heiterkeit im Gerichtssaal, als er nach seinem Alter gefragt wurde. "53", antwortete Middelhoff, musste dann aber korrigieren, er sei 1953 geboren, also 54 Jahre alt. Nachdem der Rechenfehler dem Publikum auffiel und Gelächter hervorrief, korrigierte er sich abermals: 58 Jahre.
Middelhoff verlängert mit seinem Auftritt die illustre Reihe der Zeugen in einem der größten Wirtschaftsverfahren der deutschen Geschichte. Zuletzt hatten unter anderem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, sein Vorgänger Breuer und der Aufsichtsratschef von Deutschlands größter Bank, Clemens Börsig, ausgesagt. Auch Leo Kirch selbst hat vor Gericht bereits seine Sicht der Dinge geschildert. Ob auch Altkanzler Schröder sich den Fragen des Gerichts stellt, ist noch nicht entschieden.
Quelle: ntv.de, dpa