Trotz 45 Jahren Vollzeitarbeit Millionen erwartet eine Rente unter 1500 Euro
11.09.2023, 10:25 Uhr Artikel anhören
Im Jahr 2022 waren laut Statistischen Bundesamt hierzulande 14,7 % der Bevölkerung von Armut bedroht.
(Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer)
Aus neuen Zahlen des Arbeitsministeriums geht hervor: 40 Prozent der Vollzeitbeschäftigten erhält später eine Rente unter 1500 Euro. "Auch nach 45 Jahren Maloche" erwarte sie die Altersarmut, beklagt Linken-Fraktionschef Bartsch. Besonders dramatisch sei die Lage im Osten.
Von den derzeit rund 22 Millionen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland erhalten nach jetzigem Stand etwa 9,3 Millionen im Alter eine Rente von unter 1500 Euro. Das geht aus Erhebungen des Bundesarbeitsministeriums hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegen. Nicht berücksichtigt sind Bezüge aus betrieblicher oder privater Altersvorsorge.
Um auf diese Altersbezüge zu kommen, müssen sie demnach aktuell bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 45 Jahre lang gearbeitet und rechnerisch einen Stundenlohn von 20,78 Euro erreicht haben. Das entspricht einem Bruttomonatslohn von 3602 Euro. Für eine künftige monatliche Rente in Höhe von 1200 Euro ist dem RND-Bericht zufolge derzeit rechnerisch ein Stundenlohn von 16,62 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden über 45 Jahre nötig. Das entspricht einem Bruttomonatslohn von 2882 Euro.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren rund 5,8 Millionen Jobs von der Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 betroffen. Zwar soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro steigen, aber seine Empfänger sind auch danach noch weit entfernt von den 16,62 Euro, die nötig sind, um eine Rente von 1200 Euro zu erreichen.
Laut Statistischen Bundesamt ist in Deutschland armutsgefährdet, wer als alleinlebende Person 15.000 Euro netto im Jahr erhält – das wären 1250 Euro im Monat. Danach waren im vergangenen Jahr 2022 hierzulande 14,7 Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht. Mit 18,3 Prozent lag die Armutsgefährdungsquote für Personen ab 65 Jahren noch über diesem Durchschnittswert, wobei ältere Frauen besonders armutsgefährdet sind.
Bartsch warnt vor Zuspitzung der "Lohn- und Rentenproblematik im Land"
"Der aktuelle Mindestlohn und die geplanten Erhöhungen der Bundesregierung führen auch nach 45 Jahren Maloche in die Altersarmut", sagte der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, dem RND. "Das ist zynisch und respektlos gegenüber Millionen Beschäftigten. 14 Euro ab Januar 2024 wären ein Zeichen des Respekts. Perspektivisch muss der Mindestlohn zu einer auskömmlichen Rente führen." Nach den Worten von Bartsch spitzt sich "die Lohn- und Rentenproblematik im Land weiter zu, wenn bundesweit fast die Hälfte der heute Vollzeitbeschäftigten im Alter eine Rente von unter 1500 Euro erwartet."
Im Osten sei die Situation ungleich dramatischer, hier drohe der Mehrheit der Bürger eine Rente von unter 1300 Euro, erläuterte Bartsch, auf dessen parlamentarische Anfrage die Fakten aus dem Arbeitsministerium zurückgehen. "Real werden die Renten in den kommenden Jahrzehnten schlechter ausfallen, als die Bundesregierung prognostiziert, denn 45 Jahre sind für viele nicht zu schaffen", kritisierte Bartsch. "Das Verarmungsrisiko im Alter wird weiter ansteigen."
Quelle: ntv.de, rwe