Wirtschaft

EU droht "verlorenes Jahrzehnt" Minister fordert EU-Investitionsfonds

Polens Finanzminister Mateusz Szczurek (r. mit seiner dönischen Kollegin Margrethe Vestager) prescht mit einem 500-Milliarden-Investitionsplan vor.

Polens Finanzminister Mateusz Szczurek (r. mit seiner dönischen Kollegin Margrethe Vestager) prescht mit einem 500-Milliarden-Investitionsplan vor.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit deutlichen Wort beklagt Polens Finanzminister Szczurek das lahmende Wirtschaftswachstum in der EU. Zur Ankurbelung der Konjunktur schlägt er Investitionen vor - finanziert aus einem Fonds der Mitglieder. Dieser könnte 500 Milliarden Euro schwer sein.

Polens Finanzminister fordert die Schaffung eines neuen europäischen Mega-Investmentfonds zur Ankurbelung der lahmenden Wirtschaft der Europäischen Union. Die EU-Länder müssten einen gemeinsamen Fonds einrichten, der in große Infrastrukturprojekte investieren und "in ähnlicher Weise und von ähnlichem Umfang" finanziert werden sollte wie der 500 Milliarden Euro schwere Rettungsfonds der Eurozone, sagte Mateusz Szczurek.

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Szczurek warnte in seiner Rede auf einer Veranstaltung der wirtschaftswissenschaftlichen Denkfabrik Bruegel, der EU drohe nicht nur ein "verlorenes Jahrzehnt" in ihrer Wachstumsentwicklung, sondern auch eine "verlorene Generation" junger Männer und Frauen, die keine Arbeit fänden. "Als Kontinent stehen wir schlechter da als Japan nach dem finanziellen Niedergang der 80er-Jahre und schlechter als während der Großen Depression in den 30er-Jahren", sagte Szczurek. Unter den Zuhörern waren neben anderen Jean-Claude Trichet, ehemaliger Präsidenten der Europäischen Zentralbank, auch mehrere Mitglieder der EU-Kommission.

5,5 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung

Nach Ansicht des polnischen Finanzministers bräuchte die EU zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 700 Milliarden Euro oder 5,5 Prozent ihrer gesamten Wirtschaftsleistung, um ihr volles ökonomisches Potenzial zu entfalten. Weil aber die nationalen Regierungen wegen der strengen EU-Haushaltsvorgaben ihre Staatsausgaben kürzten und private Investoren sich aus Sorge um die EU-Wirtschaft nicht trauten, langfristige Projekte zu finanzieren, müssten die Mittel von der europäischen Ebene kommen, sagte er.

Folglich müsse ein Europäischer Investitionsfonds geschaffen werden. Dieser sollte im Idealfall als zweckgebundener Sonderfonds der Europäischen Investitionsbank unterstehen. Er könnte sich dann Geld auf den Finanzmärkten beschaffen und in paneuropäische Projekte - vorrangig aus den Bereichen Transport, Energie, Informationstechnologie und Verteidigung - investieren, sagte Szczurek.

Ähnlich wie der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der Rettungsfonds der Eurozone für finanzschwache Regierungen, könnte sich der neue Investitionsfonds aus Kapitalzuflüssen und Garantien der Mitgliedstaaten speisen. Er sollte aber für die gesamte Europäische Union gelten, nicht nur für die Staaten der Währungsunion.

In einem Interview nach seiner Rede sagte Szczurek, der von ihm geforderte Investitionsfonds sollte eine "Ausgabekapazität" von 500 Milliarden Euro haben, obwohl seine Größe je nach Wirtschaftslage "ziemlich leicht anzupassen" wäre.

Vorschlag nicht abgestimmt

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet Polen einen solchen Vorschlag macht, schließlich ist Polen das einzige EU-Land, das während der europäischen Schuldenkrise gewachsen ist. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk wurde jüngst zum nächsten Präsidenten des Europäischen Rates ernannt und erhält damit eine Schlüsselposition, um neue Ideen in den Köpfen der übrigen EU-Staatsführer zu verankern. Volkswirte und Zentralbanker sind zunehmend beunruhigt über die schwache konjunkturelle Erholung in Europa und fürchten eine Deflation.

Szczurek räumte ein, dass er seine Idee noch nicht mit den übrigen EU-Finanzministern besprochen habe. Er sagte, er wisse auch nicht, ob der polnische Ministerpräsident Tusk den Vorschlag als Ratspräsident vorantreiben werde.

Es ist absehbar, dass jegliche Vorstöße hin zu einer gemeinschaftlich finanzierten Anreizpolitik auf Widerstand in reichen EU-Staaten wie Deutschland und Finnland stoßen werden. Diese Länder taten sich schon schwer, Abgeordnete und ihr Volk für die Schaffung des Rettungsfonds ESM zu begeistern, obwohl der Druck am Markt damals noch wesentlich größer war.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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