Mit Rotstift und Mehreinnahmen Mixen der Anti-Schulden-Medizin
14.10.2010, 13:47 UhrDie Europäische Zentralbank (EZB) mahnt die Schuldensünder zu verstärkten Anstrengungen gegen ihre Etatdefizite. Dazu gehört weiter das Sparen, heißt es im Monatsbericht der Währungshüter. Die EZB warnt die Euroländer davor, trotz Aufschwungs Steuergeschenke zu machen bzw. beim Sparen nachzulassen.

Haushaltskonsolidierung ist in der Eurozone das Gebot der Stunde.
(Foto: picture alliance / dpa)
Angesichts der wirtschaftlichen Erholung hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Länder der Eurozone ermahnt, in ihren Sparanstrengungen nicht nachzulassen. Vielmehr sollten mit möglichen Mehreinnahmen Löcher gestopft werden.
"Etwaige positive Entwicklungen der öffentlichen Finanzen, die beispielsweise ein die Erwartungen übertreffendes Umfeld widerspiegeln, sollten für raschere Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung genutzt werden", schreiben Europas oberste Währungshüter in ihrem Monatsbericht. Eine Reihe von Ländern stehe vor großen Herausforderungen, die "sofortige, ehrgeizige und überzeugende Korrekturmaßnahmen" erforderlich machten.
Der gehobene Zeigefinger der Währungshüter zielt insbesondere auf die großen Schuldensünder ab, aber nicht nur: "Die Haushaltspläne aller Euroländer für das Jahr 2011 müssen das Bekenntnis zu einer ehrgeizigen Haushaltskonsolidierung (...) zum Ausdruck bringen." Damit greifen die Notenbanker möglichen Forderungen aus der Politik vor, angesichts des unerwartet kräftigen Aufschwungs etwa in Deutschland Steuergeschenke zu fordern oder geplante Sparmaßnahmen zurückzustellen.
Schulden und Wettbewerbsnachteile
Deutschland ist derzeit die europäische Konjunkturlokomotive. Die EZB erwartet aber auch, dass sich die Wirtschaft im Euroraum weiter erholen wird, die Dynamik aber nachlässt.
Vor umfangreiche Reformen stehen aus Sicht der Notenbank vor allem jene Länder, die in der Vergangenheit Wettbewerbsverluste hinnehmen mussten oder zurzeit von hohen Haushalts- und Außenhandelsdefiziten betroffen sind. Das sind vor allem die südlichen Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal sowie Irland. Dort wurden riesige Schuldenberge angehäuft.
Aber diese Länder stehen vor weiteren Problemen: Laut einer Commerzbank-Analyse stiegen seit der Jahrtausendwende auch die Lohnstückkosten um 30 bis 40 Prozent, während sie im Durchschnitt der Euroländer nur um knapp 14 Prozent zulegten und in Deutschland nur um etwa fünf Prozent. Damit sind diese Länder im internationalen Wettbewerb zurückgefallen.
Nun seien glaubwürdige mehrjährige Konsolidierungspläne notwendig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken und die Risikoprämien für Staatsanleihen zu reduzieren, schreibt die EZB. Nur so könnten auf mittlere Sicht die Aussichten für ein nachhaltiges Wachstum verbessert werden.
Weber will Umschuldungs-Verfahren
Auch Bundesbank-Präsident Axel Weber wurde in dieser Frage deutlich. Die zentrale Herausforderung für die Finanzpolitik sei, das im Zuge der Krise beschädigte Vertrauen in die öffentlichen Haushalte wiederherzustellen. Seiner Meinung nach kommt die Eurozone nicht dauerhaft ohne ein Umschuldungs-Verfahren für ihre Mitglieder aus.
Weber sprach sich außerdem für eine "Härtung und Ergänzung" des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes aus. Das größte Problem bestehe darin, dass im Rahmen eines politischen Prozesses entschieden wird, ob eine Verletzung der Vorgaben sanktioniert werde, sagte Weber. Vorzuziehen sei ein System automatischer Sanktionen. In der EU zeichnet sich für so weitreichende Vorschläge bisher allerdings keine Mehrheit ab.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts