Warnschuss an Japan Moody's fordert Reformen
24.08.2011, 13:59 Uhr
Wie geht es in Tokio weiter?
(Foto: REUTERS)
Die Schulden der Industrieländer lösen weltweit zunehmend Besorgnis aus. Nach Europa und den USA gerät nun auch Japan in den Fokus, erstmals seit Jahren sinkt die Bonität. Die Ratingagentur Moody's verweist auf politische Risiken.
Nun hat es auch Japan erwischt. Erstmals seit neun Jahren hat der US-Ratingriese Moody's die Bonität der inzwischen nur noch drittgrößten Wirtschaftsnation der Welt herabgestuft.
Es ist ein Warnschuss vor den Bug. Doch überraschend kam er nicht. Zum einen hatte Moody's schon vor einiger Zeit einen solchen Schritt angedroht. Zudem sind zuvor schon die USA und Europa wegen ihrer Schulden auf gleiche Weise geohrfeigt worden. Da kann Japan schlechterdings nicht fehlen. Schließlich hat die fernöstliche Wirtschaftsmacht mit inzwischen 218 Prozent des Bruttoinlandsprodukts den mit Abstand höchsten Schuldenberg unter den großen Industrienationen angehäuft.
Und doch bleibt die Lage in Japan im Vergleich zu anderen verschuldeten Staaten wie Griechenland grundsätzlich unterschiedlich. Denn Japans Schulden werden im Wesentlichen von den eigenen Bürgern und inländischen Banken gehalten. Dies macht einen großen Unterschied aus: Denn während ausländische Gläubiger den Markt jederzeit verlassen können, können inländische Anleger japanischer Staatsanleihen zur Kasse gebeten werden, wenn sie beschließen, ihre Anlagen zu verkaufen. Die japanische Regierung kann bei einer Verbrauchssteuer von derzeit 5 Prozent jederzeit die Steuern erhöhen oder sich über die Zentralbank durch höhere Inflation entschulden. Hinzu kommt, dass Japan über gigantische private Vermögen verfügt.
Die Bonitätsabwertung durch Moody's ist denn auch weniger eine Warnung davor, dass Japan in naher Zukunft der Staatsbankrott droht. Vielmehr ist sie ein Ruf nach dringend notwendigen politischen Reformen und mehr Wachstum. Der Ratingriese moniert denn auch, dass eine politische Lösung für die Haushaltsprobleme fehle - und vermisst Strategien für künftiges Wachstum.
"Damit liegen die Bonitätsherabstufungen eher auf einer Linie mit den Herabstufungen in den USA, die auch eher auf politische Probleme als auf echte Risiken hinweisen", meint Martin Schulz, Ökonom beim Fujitsu Research Institute in Tokio. Die Reaktionen der Märkte in Japan wie auch in den USA haben sich denn auch in Grenzen gehalten.
Die Flucht in die vermeintliche "Sicherheit" staatlicher Schuldverschreibungen hat auf Grund der Wachstumsrisiken nach Auffassung von Ökonomen sogar eher noch zugenommen. In Japan sei die Stimmung hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage auf dem Tiefpunkt angekommen. Laut der US-Wirtschaftsagentur Bloomberg rechnen Analysten im Durchschnitt ihrer Erwartungen für das laufende Gesamtjahr mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Leistung in Japan um 0,65 Prozent.
Im Schatten der US-Probleme
Zwar dürfte die heimische Wirtschaft im Herbst wieder in Gang kommen. Denn die durch die Katastrophe im Nordosten des Landes unterbrochenen Zulieferketten sind seit dem Sommer wieder hergestellt, wodurch die Exporte inzwischen wieder deutlich anziehen. Der Wiederaufbau der betroffenen Gebiete läuft. Ökonomen rechnen im dritten und vor allem im vierten Quartal mit einem Anziehen der Wirtschaftsleistung um eine hochgerechnete Jahresrate von etwa 4,5 Prozent. Das Problem ist jedoch die Lage der Weltwirtschaft und die nach wie vor enormen Probleme in den USA.
Solange die Wirtschaft in den USA nicht in Gang kommt und damit die Zinsen niedrig bleiben, wird der Yen auf einem hohen Niveau verharren. Der Höhenflug des Yen bereitet Japans Exportwirtschaft bereits enorme Sorgen. Hinzu kommt, dass sich die letzte große Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, China, verlangsamt hat. Wenn aber die weltweite Nachfrage nach japanischen Produkten vor allem aus Asien wieder nachlässt, hat Japan große Probleme. Denn an der hohen Abhängigkeit des Landes vom Exportmotor hat sich nichts geändert.
Quelle: ntv.de, Lars Nicolaysen, dpa