Waghalsige Geschäfte mit milliardenschweren Risiken Nonnenmacher greift Staatsanwaltschaft an
02.09.2013, 15:28 Uhr
"Die Staatsanwaltschaft hätte Fragen vor der Erhebung der Anklage stellen können und müssen", sagt Nonnenmacher.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ex-HSH-Nordbank-Chef Nonnenmacher bricht vor Gericht sein Schweigen. Im Prozess nimmt er am 12. Verhandlungstag erstmals Stellung - mit harten Worte in Richtung Staatsanwaltschaft. Im Kern geht es um ein komplexes Wertpapiergeschäft und den Verdacht der Untreue und der Bilanzfälschung.
Im Verfahren gegen den früheren Vorstand der HSH Nordbank hat der Angeklagte Dirk Jens Nonnenmacher die Hamburger Staatsanwaltschaft massiv angegriffen. "Ich sehe eine Haltung, die mit der Suche nach Wahrheit nichts zu tun hat", sagte der frühere Finanz- und Vorstandschef zum Abschluss einer längeren Erklärung im Gerichtssaal. Angesichts der Voreingenommenheit der Behörde werde er Fragen der Staatsanwälte nicht beantworten. Er sei lediglich bereit, Fragen des Gerichts zu beantworten.
"Die Staatsanwaltschaft hätte Fragen vor der Erhebung der Anklage stellen können und müssen", erklärte Nonnenmacher. Sie habe ihn jedoch als Beschuldigten vor der Erhebung der Anklage zunächst gar nicht vernehmen wollen, so dass er über seinen Anwalt rechtliches Gehör habe einfordern müssen.
Die Anklagebehörde erklärte im Anschluss an die Verhandlungen, sie habe mit Nonnenmachers Kritik gerechnet. "Er hat Gelegenheit gehabt, sich zu äußern", sagte Staatsanwalt Karsten Wegerich.
Im Kern geht es um ein komplexes Wertpapiergeschäft unter dem Codenamen "Omega 55", mit dem die HSH Nordbank ihr Kapitalpolster aufhübschen wollte, um für Anleger attraktiv zu werden. Doch damit holte sich die Bank Risiken ins Haus, die sie beinahe in die Pleite getrieben hätten. Hamburg und Schleswig-Holstein mussten die Landesbank mit einem 13 Milliarden Euro schweren Rettungspaket stützen.
"Absurd" und "mehr als lebensfremd"
Der Vorwurf, er habe die Quartalsbilanz zum 31. März 2008 vorsätzlich falsch dargestellt, sei "mehr als lebensfremd". An anderer Stelle seines rund 45-minütigen Vortrags nannte Nonnenmacher Vorwürfe der Staatsanwälte "absurd" und eine "abwegige Einschätzung". Mit dem fraglichen Geschäft "Omega 55" hätten sich mehrfach Rechnungsprüfer, Juristen und Aufsichtsbehörden befasst. Es gebe wohl keinen Sachverhalt im deutschen Bankenbereich, der von so vielen sachkundigen Institutionen geprüft und gewürdigt werden musste. "Sämtliche Untersuchungen sind zu dem Ergebnis gelangt, dass mir aktien- und zivilrechtlich keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind", sagte Nonnenmacher.
Geschäftspolitische Plausibilität
Nonnenmacher wies darauf hin, dass er als Finanzchef nicht für "Omega 55" zuständig gewesen sei. "In die Planung, Vorbereitung, Ausgestaltung, Umsetzung und Überwachung der Transaktion war ich persönlich zu keinem Zeitpunkt eingebunden", sagte er.
Nonnenmacher war erst wenige Wochen vor dem Geschäft in die Bank eingetreten. In den rund 50 Arbeitstagen bis Weihnachten 2007 habe er sich mit seinen Aufgabenbereichen und der Organisation der HSH Nordbank vertraut gemacht. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit hätten Umstellungen in der Bilanzierung und der angestrebte Gang an den Kapitalmarkt gehört. Vor dem Hintergrund der gesamten Situation und der Ziele der HSH Nordbank seien ihm Maßnahmen zur Risikoreduzierung und Bilanzentlastung geschäftspolitisch plausibel und mit Blick auf die Kapitalkennziffern, das Neugeschäft, das Rating und die Refinanzierung auch notwendig erschienen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts