Rückkehr nach Libyen Ölkonzerne bereiten sich vor
23.08.2011, 12:48 UhrNach sechs Monaten Bürgerkrieg liegt die libysche Ölförderung am Boden. Die Anlagen sind stark zerstört. Mit dem Vordringen der Rebellen in die Hauptstadt Tripolis scheint jedoch ein Ende der Kämpfe in greifbare Nähe zu rücken. Vertreter der Ölindustrie und Analysten gehen davon aus, dass die dortige Produktion binnen weniger Monate wieder anlaufen könne.
Während sich im libyschen Bürgerkrieg angesichts der Erfolge der Rebellen ein baldiges Ende der Kämpfe abzeichnet, bereiten sich internationale Ölkonzerne auf die Wiederaufnahme ihrer Förderung in Libyen vor. Bis die Anlagen wieder vollständig in Betrieb genommen werden können, dürfte aber noch viel Zeit ins Land gehen.
Wegen des Bürgerkrieges ist das Land nahezu vollständig als Öllieferant ausgefallen. Zuvor wurden in Libyen täglich 1,6 Millionen Barrel (je 159 Liter) Rohöl gefördert, verarbeitet und transportiert. Die Ölproduktion entsprach in etwa zwei Prozent des weltweiten Bedarfs, rund 85 Prozent flossen bislang nach Europa.
Langer Weg
Experten zufolge wird es bis zu ein Jahr dauern, um die libysche Produktion auf eine Million Barrel täglich hochzufahren. Die Wiederherstellung der Vor-Bürgerkriegskapazität könne voraussichtlich erst nach zwei Jahren erreicht werden, heißt es. Durch Kämpfe und Anschläge seien große Schäden an den Anlagen entstanden und die Pipelines könnten nach den Monaten des Stillstands mit geronnenem Erdöl verstopft sein, warnten sowohl ausländische als auch die durch Rebellen kontrollierten Unternehmen. Damit sei eine rasche Rückkehr zum Vorkriegsniveau der Ölproduktion ausgeschlossen. Dessen ungeachtet haben die Konzerne bereits erste Schritte eingeleitet, um ihre Anlagen zu schützen, die Schäden zu beurteilen und die Erdölförderung - das Herzstück der libyschen Wirtschaft - allmählich wieder aufzunehmen.
Ein halbes Jahr nach Beginn des Aufstands waren die Rebellen am Sonntagabend in Tripolis eingerückt und kontrollierten derzeit weite Teile der Hauptstadt. Damit steht die 42-jährige Herrschaft von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi offenbar kurz vor dem Zusammenbruch.
Unsichere Zukunft
Die ehemals von Gaddafis Regierung, nun von den Rebellen kontrollierte Ölgesellschaft Arabian Gulf Oil Co (Agoco) hat laut einem Sprecher Truppen zum Schutz ihrer Pipelines und Ölfelder im Osten des Landes entsandt. Vor dem Bürgerkrieg förderte Agoco 425.000 Barrel Öl pro Tag.
Der italienische Konzern Eni habe ein technisches Team nach Libyen geschickt, um die Wiederaufnahme der Produktion zu unterstützen, sagte ein Sprecher des italienischen Außenministeriums. Eni wollte sich zu dieser Information nicht äußern. Der Konzern war vor dem Krieg einer der größten Ölförderer in Libyen.
Die meisten internationalen Konzerne betonten, es sei noch zu früh, um zu sagen, wann sie ihre Förderung in Libyen wieder aufnehmen könnten. Weder die BASF-Tochter Wintershall, noch OMV, BP, Royal Dutch Shell, Total, Repsol oder ConocoPhillips wollten einen Zeitrahmen nennen. Die Mitarbeiter der meisten Firmen stehen allerdings in Kontakt mit den Rebellen, um ihre Rückkehr vorzubereiten.
Doch selbst bei einem schnellen Abgang Gaddafis befürchten Analysten, Ölkonzerne und westliche Regierungen eine Fortsetzung der politischen Instabilität. Neue Spannungen oder Kämpfe könnten den Wiederaufbau und damit auch die Öl-Exporte gefährden.
Quelle: ntv.de, jga/DJ/rts