Beschäftigte fürchten Aus für Bochum Opel ringt um Sanierung
31.03.2012, 12:33 Uhr
Das Werk in Bochum gilt als Wackelkandidat.
(Foto: dapd)
Die Opel-Arbeiter in Bochum bangen um ihre Zukunft. Zwar sind sich Management und Arbeitnehmer einig, dass sich etwas ändern muss - sonst fährt Opel wohl an die Wand. Doch wie das vermieden werden kann, ist heftig umstritten. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Mehrere tausend Beschäftigte beim Autohersteller Opel sind zu einer Belegschaftsversammlung in Bochum zusammengekommen, um sich über die Auswirkung der Krise auf ihren Standort zu informieren. Opel und die Schwestergesellschaft Vauxhall haben nach Ansicht der Muttergesellschaft General Motors (GM) Überkapazitäten, die europäischen Töchter machen hohe Verluste. Die Beschäftigten befürchten, dass das Werk Bochum oder Ellesmere Port in Großbritannien geschlossen werden könnte.
Betriebsrat und IG Metall haben angekündigt, dass sie eine Werksschließung auch nach Auslauf der Stillhaltefristen nicht hinnehmen wollen. Bis 2014 sind Kündigungen und Werksschließungen vertraglich ausgeschlossen.
Die Fabriken sind bei weitem nicht ausgelastet, obwohl die Kapazitäten gerade erst um ein Fünftel gekappt wurden. Der Sanierungsplan von 2010 ist längst überholt, weil Opels einziger bedeutender Absatzmarkt Europa schrumpft. GM hat in den vergangenen Jahren mit seinen Europa-Töchtern Milliardenverluste eingefahren. Vor allem die Werke Bochum und Ellesmere Port gelten als Wackelkandidaten.
Die Arbeitnehmer geben GM die Schuld für die Misere. Die Muttergesellschaft beschränke Opel auf den europäischen Markt, verkaufe aber selbst weltweit. Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Guntram Schneider forderte am Rand der Belegschaftsversammlung eine "Vorwärtsstrategie". "GM und Opel müssen Geld in die Hand nehmen", verlangte der SPD-Politiker. Schneider forderte GM auf, für die Tochter Opel Märkte wie Indien und China freizugeben und sie nicht weiter auf Europa zu beschränken. Werkschließungen müssten gleichzeitig vom Tisch.
Kahlschlag droht
Bochums Betriebsratschef Rainer Einenkel sieht bei Werksschließungen das ganze Unternehmen bedroht. "Wenn hier geschlossen wird, würde das die Marke Opel nicht überleben." Auch der Betriebsrat fordert, dass GM Geld bereitstellen müsse, um Opel neue Märkte zu erschließen. Vom Land erwartet Einenkel keine finanzielle Hilfe. "GM hat genug", meinte er.
Geht es nach den Plänen des Managements, wird der Kahlschlag bei Opel wohl noch heftiger als ohnehin angenommen. Der vorgesehene Stellenabbau sei so massiv, dass das Aus zweier Werke nicht reiche, ihn umzusetzen, war Ende vergangener Woche aus gut informierten Kreisen zu hören. Tags zuvor hatte der Aufsichtsrat der Adam Opel AG den neuen Geschäftsplan von Firmenchef Karl-Friedrich Stracke beraten - und dem Vernehmen nach nur einen Konsens gefunden: Dass der Plan allen Seiten missfällt. Zähe Verhandlungen stehen bevor.
Einige Details aus Strackes Streichliste waren schon vor der Sitzung des Kontrollgremiums an die Öffentlichkeit gelangt. Für die Belegschaft verheißt das wenig Gutes. Vorgesehen ist ein neuer Sparkurs mit Werksschließungen, Stellenstreichungen und Lohnverzicht. "Der Geschäftsplan sieht auch nach 2014 erhebliche Arbeitnehmerbeiträge vor", wurden Insider zitiert. Bis dahin verzichten die verbliebenen 40.000 Opel-Beschäftigten in Europa jährlich auf 265 Mio. Euro - ihr Beitrag aus dem jüngsten Sanierungsplan zur Rettung des Autobauers.
Asien als Alternative
Zudem sollen künftig mehr Autos in Korea gebaut und nach Europa importiert werden. Auch eine Verlagerung der Fertigung ins kostengünstige Polen fasse das Opel-Management ins Auge. Die Folge: Werke in Westeuropa werden überflüssig, zumal Stracke einen Dreischichtbetrieb zur Regel machen will.
Die Verlagerung in günstigere Länder hält Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schon länger für überfällig: Deutschland sei mit seinen hohen Kosten kein Standort für die Billigmarke Opel.
Zwar wies das Unternehmen Gerüchte zurück, wonach ein Investor für den Standort Eisenach gesucht würde: "Diese Spekulationen entbehren jeder Grundlage und sind falsch. Es gibt keine Pläne, das Werk Eisenach zu verkaufen." Doch dass die Kosten gesenkt und die Kapazitäten gekappt werden müssen, ist unbestritten. Schon mehrfach hatte Stracke erklärt, dass Werkschließungen kein Tabu sein dürften.
Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts