Abschied vom Krisendenken Paris schnitzt Zukunftsplan
19.11.2009, 16:07 UhrFrankreich will mit Hilfe einer großvolumigen Staatsanleihe insgesamt rund 35 Mrd. Euro in Zukunftsbereiche investieren. Nach monatelangem Streit diskutiert Frankreich nun erstmals konkrete Vorschläge.
Der Löwenanteil ist für den Bereich Bildung und Wissenschaft gedacht, erklärte der eigens dafür eingerichtete Fachausschuss, der den Rahmen der geplanten Staatsanleihe in den vergangenen Monaten abgesteckt hatte. Neben den 16 Mrd. Euro für Hochschulen und Forschung sollen mit einer Summe von vier Mrd. Euro auch erhebliche Mittel in die Verbreitung der Digitaltechnik fließen.
Zwei Mrd. Euro sind für die Flugzeug- und Raumfahrtindustrie vorgesehen. Mit immerhin noch einer Milliarde Euro soll die Entwicklung abgasfreier Autos vorangebracht werden. Auch in Großprojekte wie die "Stadt von Morgen", die "digitale Gesellschaft", Energien ohne Kohlendioxidausstoß und die Nanotechnologie will Frankreich demnach massiv investieren.
"Es gibt zwei Arten, sich schlecht auf die Zukunft vorzubereiten", stellten die früheren Regierungschefs Alain Juppé und Michel Rocard fest, die den Ausschuss geleitet hatten. "Schulden anzuhäufen, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren, aber auch, und vielleicht vor allem, Investitionen in Zukunftsbereiche zu vergessen."

Und hier bei der Präsentation ihrer Vorschläge, mit denen Frankreich wachsen, blühen und gedeihen soll.
(Foto: REUTERS)
Juppé und Rocard übergaben den Plan für das milliardenschwere Investitionsprogramm offiziell an Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Der hatte die "große Staatsanleihe" im Sommer angekündigt und die beiden früheren Premierminister mit der Ausarbeitung des Projektes betraut. Sarkozy will nun im Dezember entscheiden, wie die Anleihe und die Mittelverwendung genau aussehen sollen.
Früheren Regierungsangaben zufolge sollen die Schuldverschreibungen nur an Finanzeinrichtungen ausgegeben werden. Entgegen ersten Plänen, die Bürger mit der Anleihe für "große Zukunftsprojekte" zu begeistern, sollen Privatpersonen die Anleihe doch nicht zeichnen dürfen. Dies erlaube niedrigere Zinsen, hieß es zur Begündung.
Risiken auf der Schattenseite
Mit ihrer Anleihe für Zukunftsinvestitionen entfernt sich die französische Regierung immer weiter von den Vorgaben des europäischen Stabilitätspakts, der ein Haushaltsdefizit von maximal drei Prozent vorsieht.
Kritiker befürchten, dass die Anleihe die Staatsschulden in unkontrollierbare Höhen treibt. Brüssel will die Anleihe in die Staatsschulden einrechnen; Paris lehnt das ab. Sarkozy trennt "gute" Schulden zur Finanzierung von Investition und Wachstum von "schlechten Schulden" zur Finanzierung laufender Ausgaben.

Frankreichs Staatsschulden? Michel Rocard (links) möchte die Frage noch einmal hören.
(Foto: REUTERS)
Kritik an seinen Plänen wies der Präsident erneut zurück. "Die Anleihe erfolgt im Rahmen der Strategie zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen", versicherte Sarkozy. Die Konsolidierung werde "umgesetzt, sobald der Aufschwung eingesetzt" habe.
Ursprünglich war eine Anleihe von 100 Mrd. Euro ins Auge gefasst worden. Jetzt soll die Anleihe auf 22 Mrd. Euro begrenzt werden; weitere 13 Mrd. Euro des Ausgabenprogramms sollen aus dem Rückfluss der Kapitalhilfen für die Großbanken kommen. Diese 35 Mrd. Euro sollen weitere 25 Mrd. Euro private Investitionen anstoßen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts