Druck der Branchenführer Partnersuche treibt Hapag-Lloyd nach Chile
05.12.2013, 07:49 Uhr
Die 366 Meter lange "Hamburg Express" im Hafen der Hansestadt.
(Foto: REUTERS)
Die Schifffahrt steckt weltweit in Krise. Sinkende Frachtraten und hohe Treibstoffkosten setzen den Unternehmen zu. Deutschlands Branchenführer sucht seit Längerem einen Partner. Der neueste Kandidat ist eine Anden-Reederei. Die aber gucken auch anderweitig.
Deutschlands größte Containerreederei Hapag-Lloyd sondiert eine Fusion mit dem chilenischen Konkurrenten Compania Sud Americana de Vapores (CSAV). "Hapag-Lloyd und CSAV führen derzeit Gespräche, ob eine mögliche Kombination des Geschäfts oder eine andere Form der Zusammenarbeit im beiderseitigen Interesse ist", teilte die weltweit fünftgrößte Containerlinie mit. Zuvor hatte bereits der chilenische Konzern einen entsprechenden Bericht der Zeitung "Die Welt" bestätigt.
"Vapores ist derzeit mit verschiedenen Akteuren der Branche in Gesprächen, darunter auch Verhandlungen mit der deutschen Firma Hapag-Lloyd." Beide Firmen betonten, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Es seien weder schriftliche Vereinbarungen noch Absichtserklärungen unterzeichnet worden, hieß es bei der Hamburger Reederei.
Giganten-Allianz übt Druck aus
Der "Welt" zufolge trafen sich am vorvergangenen Wochenende Top-Manager beider Schifffahrtskonzerne in Miami. Die Gespräche befänden sich in der Frühphase und umfassten zahlreiche Varianten - bis hin zu einer Fusion. Der Markt in Chile reagierte erfreut auf die Aussichten für Vapores. Die Aktien der Reederei schossen 13 Prozent in die Höhe.
Die Sondierungen seien eine Reaktion auf das Scheitern der Fusionsgespräche zwischen Hapag-Lloyd und der Oetker-Tochter Hamburg Süd in diesem Jahr, schrieb das Blatt weiter. Die Gespräche der beiden Branchenführer in Deutschland scheiterten zunächst an unterschiedlichen Auffassungen über die Ausgestaltung der Transaktion.
Die Hapag-Lloyd-Führung sei aber weiterhin um einen Partner bemüht, um gegen die Kostenvorteile der Branchenführer Maersk, MSC und CMA CGM bestehen zu können, hieß es weiter. "Hapag-Lloyd will sich nicht wegkonsolidieren lassen, sondern selbst aktiv sein", sagte ein Eingeweihter der Zeitung.
Kaum Überschneidung bei Routen
In den vergangenen Jahren hatte der Hamburger Schifffahrtskonzern bereits mit Neptune Orient Lines (NOL) über eine Partnerschaft gesprochen. Hapag-Lloyd konnte sich dank eines rigiden Sparkurses zuletzt in den schwarzen Zahlen halten. Die Haupteigner wollen die weltweit fünftgrößte Containerreederei möglichst bald an die Börse bringen.
Konkurrent Vapores leidet wie die meisten Frachtreedereien unter dem scharfen Wettbewerb. Dieser führt zu sinkenden Frachtpreisen. Die Chilenen sind zudem wegen hoher Spritpreise und hoher Leasingraten unter Druck. Der Konzern hat deshalb in den vergangenen Jahren hohe Verluste verbucht. Zu den Möglichkeiten sich in der Branche zu behaupten, gehörten auch Partnerschaften mit anderen Reedereien oder die Zusammenlegung von Frachtaktivitäten, erläuterte Vapores.
CSAV ist die Nummer 20 der weltweiten Schifffahrt. Beide Reedereien passen durchaus gut zueinander: Hapag-Lloyd ist stark im Schiffstransport zwischen Europa und Asien sowie Nordamerika vertreten, CSAV hat seinen Schwerpunkt auf Verbindungen von und nach Lateinamerika gelegt. Dort ist die Reederei mit Abstand das größte Schifffahrtsunternehmen. Nach einer Fusion wären beide mit gut 980.000 Standard-Container die weltweite Nummer vier.
Der größte Anteilseigner von Hapag-Lloyd ist die Stadt Hamburg, die 36,9 Prozent hält. Größere Anteile halten ferner das Logistikunternehmen Kühne Maritime (28,2 Prozent) und der Reisekonzern Tui (22 Prozent). Tui war ursprünglich Mehrheitseigner, verkaufte aber bereits einen Teil seiner Hapag-Aktien und will sich möglichst ganz aus dem Unternehmen zurückziehen.
Größter Eigner von CSAV ist die Quinenco-Holding, die der reichen chilenischen Unternehmerfamilie Luksic gehört. Diese kontrolliert nach CSAV-Angaben unter anderem auch die Großbank Banco de Chile sowie Firmen aus der Brauerei- und der Erdölbranche.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ