Neue Hindernisse auf der Strecke Porsche-VW-Fusion wackelt
24.02.2011, 13:06 Uhr
Symbolische Hochzeit auf dem Kühlergrill: So einfach wird es nicht gehen.
Neue Vorwürfe gegen die frühere Porsche-Spitze wirbeln den Zeitplan der Übernahme durch den VW-Konzern durcheinander. Die Ermittlungen gegen die Ex-Vorstände Härter und Wiedeking dauern wohl länger als geplant. Anleger reagieren prompt: Die Porsche-Aktie bricht ein. Analysten diskutieren bereits Alternativen.

Abschied im Regen: Wendelin Wiedeking und sein Finanzchef Holger Härter (lin ks) im Juli 2009.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der geplante Zusammenschluss der Autohersteller Volkswagen und Porsche gerät ins Wanken. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die ehemalige Porsche-Führungsspitze - eine der größten Hürden auf dem Weg zu einer Fusion - würden ausgeweitet und nicht vor Jahresende abgeschlossen, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. Am Vorabend hatten Beobachter noch auf eine Einstellung des Verfahrens spekuliert: Nachdem Teile der Ermittlungen gegen Ex-Porschelenker Wendelin Wiedeking und seinen früheren Finanzchef Holger Härter eingestellt worden waren, kamen kurz darauf neue Verdachtsmomente hinzu.
Der Vorwurf der handelsgestützten Marktmanipulation sei fallengelassen worden, teilte Staatsanwältin Claudia Krauth mit. Gleichzeitig habe die Staatsanwaltschaft Stuttgart das Verfahren gegen die beiden Manager um den Verdacht der Untreue erweitert. Porsche sieht den Zeitplan gefährdet, die Fusion noch 2011 auf den Weg zu bringen, das gesamte Gelingen stehe möglicherweise auf dem Spiel. VW blieb gelassen. Die geplante Verschmelzung könnte nun länger dauern, hieß es in Wolfsburg.
"Porsche und VW müssen heiraten"
An der Börse reagierten die Anleger schockiert: Die Volkswagen-Vorzugsaktie war mit einem Minus von zeitweise 2 Prozent einer der größten Verlierer im Dax. Die Porsche-Titel stürzten sogar zeitweise um mehr als 10 Prozent ab. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück kämpft weiter für eine Verschmelzung. "Wir müssen die neue Lage jetzt natürlich juristisch prüfen", sagte er am Rande einer Protestkundgebung in Stuttgart. "Ich finde die Verschmelzung aber richtig. Porsche und VW müssen heiraten."
Die Staatsanwaltschaft prüft nach eigenen Angaben nun auch den Vorwurf, ob Wiedeking und Härter im Zuge des gescheiterten VW-Übernahmeversuchs durch Porsche "existenzgefährdende Risiken" für den Sportwagenbauer eingegangen seien. Zur Debatte steht dabei vor allem der Abschluss von Aktienkurssicherungsgeschäften. Ferner gibt es auch Ermittlungen wegen des Verdachts des Kreditbetrugs gegen drei verantwortliche Porsche-Mitarbeiter aus dem Finanzbereich.
Keine Belege für Manipulation
Dem Vorwurf der handelsgestützen Markmanipulation gegen die beiden Manager geht die Staatsanwaltschaft nicht weiter nach. Er war auch gegen die Maple Bank erhoben worden. Der Verdacht, dass die Beschuldigten durch den Handel mit VW-Aktien an der Börse Geschäfte gemacht haben, die falsche oder irreführende Signale für Börsen- oder Marktpreis ausgelöst oder gar ein künstliches Preisniveau herbeigeführt haben, konnte nicht mit hinreichender Sicherheit erhärtet werden, hieß es.

Die beiden sollen heiraten: Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück demonstriert zusammen mit Beschäftigten des Sportwagenbauers vor den Werkstoren beim Aktionstag der IG Metall gegen den Ausbau von Leiharbeit.
(Foto: picture alliance / dpa)
Hingegen bleiben die zentralen Vorwürfe der informationsgestützten Marktmanipulation gegen Wiedeking und Härter weiter bestehen. Dabei geht es darum, ob Porsche in den Jahren 2007 bis 2009 über Pläne zum Einstieg bei Volkswagen nicht ausreichend informiert hat. In den USA muss sich Porsche im Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme gegen eine milliardenschwere Schadenersatzklage zur Wehr setzen.
In Wolfsburg reagierte der VW-Konzern gelassen auf den Fortgang der Ermittlungen. Volkswagen stehe "voll hinter der Grundlagenvereinbarung und der Verschmelzung mit Porsche", hieß es. An der Umsetzung der Fusion mit dem Sportwagenbauer werde weiterhin gearbeitet. "Aufgrund der Erklärung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft kann es allerdings länger dauern als geplant." Die vorsichtigere Einschätzung der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE zum Zeitpunkt und zur Wahrscheinlichkeit des Zusammenschlusses teile man daher.
Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Nacht
Porsche hatte in der Nacht zuvor mitgeteilt, dass der Zeitplan zur Fusion zwischen Stuttgartern und Volkswagen möglicherweise nicht eingehalten werden könnte. Durch die länger als geplant andauernden Ermittlungsverfahren sei die Wahrscheinlichkeit, die Fusion wie bisher vorgesehen im laufenden Jahr auf den Weg zu bringen, von 70 auf 50 Prozent gesunken. Das Projekt könnte aber auch ganz scheitern: "Kommt es zu wesentlichen Verzögerungen des Verschmelzungsprozesses gegenüber dem Zeitplan der Grundlagenvereinbarung, sinkt nach Einschätzung des Vorstands der Porsche SE auch die Wahrscheinlichkeit eines Gelingens der Verschmelzung insgesamt", hieß es in der Erklärung weiter.
Der Vorstand der Porsche SE selbst geht derzeit allerdings trotz der juristischen Probleme weiter davon aus, dass eine Verschmelzung - gegebenenfalls auch noch nach 2011 - gelingen kann. Mit dem Abschluss der Ermittlungsverfahren gegen die früheren Porsche-Vorstände sei frühestens zu Beginn des Jahres 2012 zu rechnen. Der Ausgang der Verfahren sei wichtig für die Bewertung möglicher Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Marktmanipulation. "Die in der Grundlagenvereinbarung vorgesehenen rechtlichen und steuerlichen Prüfungen der Verschmelzung der Porsche SE auf die Volkswagen AG werden sich dadurch voraussichtlich verzögern."
Als Alternative für die Verschmelzung kommt aber auch in Betracht, dass Volkswagen die restlichen 50,1 Prozent des Sportwagenbauers kauft. Die Wolfsburger hatten bereits im Dezember 2009 49,9 Prozent für 3,9 Mrd. Euro erworben. Dann würde die Porsche SE als Holdinggesellschaft bestehen bleiben. In ihrem Besitz sind zurzeit fast 51 Prozent der VW-Stammaktien. VW-Chef Martin Winterkorn will Porsche als zehnte Marke in Europas größten Autobauer integrieren.
Quelle: ntv.de, dpa/rts