Verschmelzung mit VW Porsche sieht Verzögerungen
19.10.2010, 11:35 Uhr
Martin Winterkorn sieht die Fusion mit VW nicht in Gefahr.
(Foto: dapd)
Die für das kommende Jahr geplante Verschmelzung von Porsche und Volkswagen droht sich zu verzögern. Grund dafür seien juristische Auseinandersetzungen nach der verlorenen Übernahmeschlacht mit VW, sagt Porsche-SE-Chef Winterkorn. Der Zusammenschluss beider Unternehmen sei aber nicht in Gefahr.
Die für kommendes Jahr vereinbarte Verschmelzung der Autobauer VW und Porsche kommt womöglich später als geplant. Grund seien Schadenersatzklagen in den USA und Deutschland sowie unklare rechtliche und steuerliche Fragen, teilte Porsche auf der Bilanzpressekonferenz in Stuttgart mit. "Aus diesem Grund könnte sich die angestrebte Verschmelzung verzögern", räumte VW-Konzernchef Martin Winterkorn, der auch die Porsche-Obergesellschaft Porsche SE führt, ein. Die Verschmelzung bleibe aber "erklärtes Ziel" beider Unternehmen. Der im Jahr 2009 vereinbarte Zusammenschluss beider Unternehmen könne gegebenenfalls auch über eine höhere Beteiligung von VW an der Porsche Zwischenholding vollzogen werden.
Immerhin ist Porsche mit einem Absatz- und Umsatzplus in das im August begonnene neue Geschäftsjahr gestartet. "Bisher liegen wir bei Absatz und Umsatz über den Vergleichsmonaten des Vorjahres", sagte der neue Chef der Porsche AG, Matthias Müller. "Das zeigt einmal mehr: Porsche fährt wieder auf Wachstumskurs." Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte der Sportwagenbauer mit 7,8 Mrd. Euro den höchsten Umsatz seiner Unternehmensgeschichte eingefahren. Der Absatz von Sport- und Geländewagen war um 8,8 Prozent auf 81.850 Fahrzeuge gestiegen.
Kapitalerhöhung im Rahmen
Trotz der starken Umsatzzahlen steht Porsche vor einem gigantischen Schuldenberg. Vor der Verschmelzung mit VW muss das Unternehmen daher sein Kapital erhöhen, um die Schulden zurückzuführen. Nach der gescheiterten Übernahme von VW stand der Stuttgarter Konzern Ende Juli noch immer mit sechs Mrd. Euro bei den Geldgebern in der Kreide. Dabei waren die eingenommenen 3,9 Mrd. Euro aus dem Einstieg von Volkswagen zum Großteil in den Schuldenabbau geflossen.
Der Abbau der Schulden ist eine Voraussetzung dafür, dass Porsche im kommenden Jahr als zehnte Marke unter das Dach von Volkswagen schlüpfen kann. Deshalb sollen die Aktionäre der Porsche Automobil Holding SE am 30. November die geplante Kapitalerhöhung beschließen.
Diese Kapitalspritze um bis zu fünf Mrd. Euro soll im ersten Halbjahr kommenden Jahres durch die Stamm- und Vorzugsaktionäre erfolgen. Ende Juni 2011 wird eine Kreditlinie der Porsche SE in Höhe von 2,5 Mrd. Euro fällig. Die Banken hätten sich jedoch bereit erklärt, den Fälligkeitstermin um bis zu vier Monate zu verlängern, hieß es.
Volkswagen hatte im Dezember 3,9 Mrd. Euro für einen 49,9-Prozent-Anteil an dem operativen Sportwagengeschäft von Porsche erworben. Porsche hält knapp 51 Prozent der Stimmrechte an VW.
Klagewelle in den USA
Zahlreiche Investmentfonds verklagen Porsche sowie den früheren Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzvorstand Holger Härter vor einem Bundesgericht in Manhattan auf mehr als zwei Mrd. US-Dollar Schadenersatz. Porsche und den beiden Managern wird vorgeworfen, Investoren beim Versuch zur Übernahme von Volkswagen getäuscht und belogen zu haben. Die Schwaben haben stets betont, sich an die geltenden Kapitalmarktgesetze gehalten zu haben, auch wenn Experten hier von einer Regelungslücke sprechen.
Als die Stuttgarter am 26. Oktober 2008 bekannt gaben, wie viele Aktien des Wolfsburger Konzerns sie tatsächlich direkt und indirekt besaßen, ließ dies den Kurs der VW-Aktie rasant ansteigen und machte Volkswagen kurzzeitig zum teuersten Unternehmen der Welt.
Investoren hatten allerdings auf fallende Kurse gewettet und geliehene VW-Aktien in der Hoffnung verkauft, sie später günstiger zurückkaufen und die Differenz einstreichen zu können. Tatsächlich mussten sie nun kräftig draufzahlen. Dass deutlich weniger Aktien frei handelbar waren, als zur Erfüllung der Geschäfte benötigt wurden, trieb den Preis zusätzlich.
Die Erfolgsaussichten der Klage amerikanischer Hedgefonds gegen Porsche minderte zuletzt ein Urteil des Obersten Gerichtshofs in den USA. Die Richter urteilten, dass das US-Wertpapiergesetz selbst dann nicht greife, wenn die Kläger darlegen könnten, dass angebliche Manipulationen Auswirkungen in den USA haben.
Im Heimatland ermitteln Strafverfolger gegen Porsche: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüft seit August 2009 den Verdacht auf Marktmanipulation und unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen beim Übernahmekampf zwischen VW und Porsche. Im Zuge der Finanzkrise war Porsches Plan einer Übernahme von Volkswagen gescheitert. Letztlich willigten die Stuttgarter ein, unter das Dach der Wolfsburger zu schlüpfen.
Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts/AFP