Wirtschaft

Ein Fall für den Rettungsschirm? Portugal ruft um Hilfe

Portugal will nach langem Zögern nun doch auf Hilfen der Europäischen Union zurückgreifen. Es bleibt aber unklar, ob das Land einen Überbrückungskredit bis zu den vorgezogenen Wahlen anstrebt oder Hilfen aus dem Rettungsschirm beantragen wird.

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(Foto: dapd)

Das von massiven Schuldenproblemen geplagte Portugal beantragt Finanzhilfen bei der Europäischen Union. Die Regierung habe die EU-Kommission um Hilfe gebeten, um die Finanzierung der Wirtschaft sicherzustellen, sagte der geschäftsführende Ministerpräsident Jose Socrates. Er werde versuchen, die bestmöglichen Bedingungen für sein Land auszuhandeln.

Socrates führte nicht konkret aus, welche Art von Hilfe das Land beantragen will und in welcher Höhe. Damit ist weiterhin unklar, ob Portugal nach wochenlanger Gegenwehr unter den Euro-Rettungsschirm schlüpft oder auf einen Überbrückungskredit bis zu den vorgezogenen Wahlen hofft. Die oppositionellen Sozialdemokraten sicherten bereits ihre Unterstützung für einen Hilfsantrag zu.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, er habe Socrates zugesichert, dass diese Bitte "in der schnellstmöglichen Weise entsprechend den einschlägigen Regeln behandelt" werde. Barroso, selbst früher Regierungschef Portugals, erklärte, er habe "Vertrauen in Portugals Fähigkeit, die derzeitigen Probleme zu überwinden". Der Rettungsfonds EFSF könnte bis zu 250 Mrd. Euro an klamme Eurostaaten ausleihen. Im Gegenzug wird von dem Krisenstaat ein striktes Sparprogramm verlangt.

Gespräche in Budapest

Während Griechenland durch das Hilfspaket von EU und IWF derzeit von den Märkten weitgehend abgeschottet ist, bekommt Portugal das Misstrauen der Märkte mit ständig steigenden Kosten für seinen Schuldendienst zu spüren. Bei einer Auktion kurzfristiger Staatspapiere schnellten die Renditen auf mehr als fünf Prozent. Für fünfjährige Anleihen sind mittlerweile 9,75 Prozent Zinsen fällig. Die Ratingagenturen stuften zuletzt fast täglich die Bonitätsnoten des Staates und der portugiesischen Banken herab.

Die Bitte Portugals um Finanzhilfe kommt unmittelbar vor einem informellen Treffen der Finanzminister der 17 Staaten umfassenden Eurozone und der 27 EU-Staaten am Freitag und Samstag in Gödöllö bei Budapest. Bei dem Treffen dürfte der Fall Portugal ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

Neuwahlen im Juni

An den Finanzmärkten wird damit gerechnet, dass Portugal letztlich - wie schon Irland - unter den Euro-Rettungsschirm schlüpft, der nach den Hilfen für Griechenland aufgespannt wurde. Erschwert wird die Lage durch den Rücktritt der sozialistischen Minderheitsregierung von Jose Socrates, nachdem sie im Parlament keine Mehrheit für ein Sparpaket gefunden hatte. Das Finanzministerium führt die steigenden Zinsen auch auf die Ablehnung der Sparmaßnahmen durch die konservativen Sozialdemokraten zurück. Socrates führt derzeit eine Übergangsregierung, Neuwahlen sind für den 5. Juni angesetzt.

Die Regierung sträubte sich bisher gegen den Gang unter den Rettungsschirm. Da sie jetzt nur noch geschäftsführend im Amt ist, herrschte Ungewissheit, ob sie einen Hilfsantrag überhaupt stellen kann. Sollte Portugal einen rechtmäßigen Antrag stellen können, sollte es bei der Gewährung der Hilfen keine Probleme geben.

Ein Sprecher der EU-Kommission betonte, dass es Gelder aus dem Rettungsfonds der Euro-Zone nur gebe, wenn Länder in einem formalisierten Verfahren danach fragten. In Finanzkreisen hieß es zudem, außerhalb dieses Programmes seien kurzfristige Sonderkredite nicht möglich. Ähnliche Diskussionen hatte es gegeben, bevor sich das hoch verschuldete Irland im November als erstes Land unter den Schutzschirm für die Währungsunion flüchtete.

Banken erhöhen den Druck

Die EU-Kommission und das Finanzministerium in Lissabon bestritten, dass es Gespräche über alternative kurzfristige Kredithilfen gebe. Das Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds nur unter strengen Auflagen möglich sind.

Erst am Dienstag hatten auch die großen Geldhäuser des Landes den Druck auf die Regierung erhöht. Sie hätten praktisch keinen Spielraum mehr, um portugiesische Staatsanleihen zu kaufen, sagten mit der Finanzbranche vertraute Personen. Ein solcher Käuferstreik würde die ohnehin problematische Refinanzierung des Staates fast unmöglich machen. Portugal muss im April Anleihen über 4,2 Mrd. und im Juni über 4,9 Mrd. Euro ablösen. Vor allem beim zweiten Termin rechnen Experten mit Schwierigkeiten.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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