Promis in die Konten gekuckt? Postbank in Erklärungsnot
26.10.2009, 17:44 UhrNach den Datenskandalen bei der Deutschen Bahn und der Telekom rückt nun die Deutsche Postbank ins Fadenkreuz der Datenschützer. Freie Berater sollen unzulässigerweise Zugang zu vertraulichen Kundendaten gehabt haben. Die Postbank weist den Vorwurf zurück.

So lange die Datenschützer prüfen, sind alle Fragen offen: Erklärungsbedarf bei der Postbank.
(Foto: REUTERS)
Die Postbank soll nach Darstellung der "Stiftung Warentest" tausenden freien Handelsvertretern Einblick in Millionen Girokonten ihrer Kunden gewährt haben. Mit der Weitergabe dieser Daten verstoße die Bank systematisch gegen Datenschutzbestimmungen, hieß es. Die Postbank in Bonn wies diesen schweren Vorwurf zurück. Das in der Praxis angewandte Verfahren sei in der Vergangenheit nicht beanstandet worden, teilte ein Sprecher des Insituts mit. Die Weitergabe von Kunden- und Kontodaten an die mobilen Handelsvertreter der Postbank Finanzberatung geschehe "anlassbezogen unter strengster Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen".
"Dafür ist keine gesonderte Einwilligung des Kunden erforderlich, da die Datenerhebung, Verarbeitung und Nutzung im Rahmen der Vertragsbeziehung erfolgt", hieß es in der Stellungnahme der Bank. Die Finanzberater dürften die ihnen für die Erledigung ihrer Aufgaben bekanntgewordenen Daten ausschließlich zu diesem Zweck verarbeiten und nutzen.
Eine anderweitige Verarbeitung und Nutzung - auch für eigene Zwecke - sei vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Der Zugriff auf die Kontodaten sei zudem technisch durch ein Zugriffs- und Berechtigungskonzept geregelt. Die Finanzberater erhielten nur die Zugriffe, die sie für die Erledigung ihrer Aufgaben auch benötigten, "ein genereller Datendownload von Kundendaten ist technisch ausgeschlossen".
Mitarbeiter der Behörde überprüften den Umgang des Instituts mit vertraulichen Kontodaten, sagte eine Sprecherin der Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen. Es habe einige Beschwerden von Kunden gegeben. Insbesondere werde untersucht, ob freie Berater Kontobewegungen einsehen konnten. Dies sei selbst dann unzulässig, wenn ein Kunde eine Einwilligungserklärung der Postbank zur Weitergabe von Daten unterschrieben habe.
In der Zeitschrift "Finanztest" der Stiftung Warentest hieß es, um auf die Daten der Girokonten zugreifen zu können, brauchten die Vertreter lediglich den Namen und das Geburtsdatum von Kunden in eine Unternehmensdatenbank einzugeben. Dann können sie nicht nur sehen, wie viel Geld ein Kunde auf dem Konto habe, sondern hätten ebenso Einsicht in alle Kontobewegungen.
Bei den Vertretern handelt es sich laut Stiftung Warentest um etwa 4000 freie Mitarbeiter der Postbank Finanzberatung AG. Das 2006 gegründete Vertriebsunternehmen verkauft Produkte der Postbank und der BHW Bausparkasse. Wie die Stiftung berichtete, sollen die Daten laut interner Postbank-Anweisung den freien Vertretern bei ihrer Arbeit helfen. Sobald ein höherer Geldbetrag auf einem Konto eingeht, könnten die Berater den Kunden anrufen, um Geldanlagen zu verkaufen.
"Finanztest" liegen nach eigenen Angaben Kontodaten und Briefwechsel zahlreicher Personen aus dieser Datenbank vor. Darunter sollen sich auch Prominente befinden.
Wenn es zu diesen Verstößen gekommen sei, werde sie entschieden dagegen vorgehen und unmittelbar strafrechtliche Schritte ergreifen, kündigte die Postbank an. Damit hätten Finanzberater gegen geltendes Recht und auch gegen ihren entsprechenden Vertrag mit der Postbank Finanzberatung AG verstoßen.
Insgesamt hat die Postbank mehr als 14 Millionen Kunden. Das in Bonn ansässige Institut gehört zu gut einem Viertel der Deutschen Bank, die eine Komplettübernahme anstrebt.
Im Licht der Öffentlichkeit
Treffen die Vorwürfe zu, reiht sich der Fall ein in eine Folge von Datenskandalen bei aktuellen oder früheren Staatsunternehmen. Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass die Bahn seit 1998 insgesamt dreimal persönliche Daten ihrer Mitarbeiter mit den Daten von Lieferfirmen abgeglichen hatte, um Korruption aufzudecken.
Vor einem Jahr waren bei der Deutschen Telekom 17 Mio. Handy-Nummern und Kundendaten in falsche Hände gelangt. Erst Monate zuvor war bekanntgeworden, dass der Konzern in den Jahren 2005 und 2006 Telefondaten von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten ausgespäht hat.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts