Wirtschaft

"Reichsgerichtsverfahren" Prozess gegen Islands Ex-Premier

Das isländische Parlament kennt keine Gnade. Der ehemalige Ministerpräsident Haarde muss nach dem Willen der Mehrheit der Abgeordneten vor Gericht. Dem Konservativen werden Versäumnisse im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch von Banken 2008 vorgeworfen. In Island hat es noch nie ein derartiges Verfahren gegeben.

Geir Haarde

Geir Haarde

(Foto: dpa)

Die Finanzkrise hat Island ein juristisches Nachspiel: Der ehemalige Ministerpräsident Geir Haarde wird für seine Mitverantwortung für den Banken-Kollaps vor zwei Jahren vor Gericht gestellt. Das Parlament in Reykjavik stimmte mit 33 gegen 30 Stimmen für ein Sondergerichtsverfahren gegen den konservativen Politiker. Er soll sich wegen grober Fahrlässigkeit im Vorfeld der Finanzkrise im Herbst 2008 verantworten. Ihm drohen bis zu zwei Jahre Haft.

Ein ebensolches sogenanntes "Reichsgerichtsverfahren" gegen die frühere sozialdemokratische Außenministerin Ingibjörg Sólrun Gisladóttir lehnten die Parlamentarier mit 34 zu 29 Stimmen ab. Auch beim früheren Finanzminister Arni Mathiesen und Ex- Wirtschaftsminister Bjorgvin G. Sigurdsson stimmte das Parlament, das sich in Island "Althing" nennt, gegen Anklageerhebungen vor einem Sondergericht.

Von Beratern belogen?

Dem 59-jährigen Haarde und den drei Ministern wird in einem parlamentarischen Untersuchungsbericht vorgeworfen, Warnungen über den bevorstehenden Kollaps der Banken in den Wind geschlagen und nach außen weiter Optimismus verbreitet haben. Haarde weist die Anschuldigungen zurück und hat erklärt, dass er von seinen Beratern und Bankexperten belogen worden sei.

Nie zuvor seit Islands Unabhängigkeit 1944 hat es ein derartiges Verfahren vor einem vom Parlament eingesetzten Sondergericht gegen führende Politiker gegeben. Die Entscheidung über die Einsetzung des Sondergerichts galt als extrem hart umstritten innerhalb der Mitte-Links-Regierung der sozialdemokratischen Ministerpräsident Jóhanna Sigurdardóttir. Sie hatte Haarde Anfang 2009 abgelöst, der aber auch wegen einer Krebserkrankung zurücktrat.

Quelle: ntv.de, dpa

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