"Organisiertes internationales Netz" Renault reagiert auf Spähattacke
09.01.2011, 14:18 UhrDer kürzlich bekanntgewordene Spionagefall bei Renault hat nach Angaben des Konzerns keinen größeren Schaden zur Folge. Es seien lediglich Informationen über die Kosten und das Wirtschaftsmodell des Elektroautoprogramms ausgespäht worden, heißt es. Die drei suspendierten Manager würden wahrscheinlich entlassen.
Renault ist in seinem Spionagefall nach Angaben des Managements noch glimpflich davongekommen. Dem französischen Autobauer wurden demnach weder wichtige Entwicklungsgeheimnisse entwendet, noch drohen Rückschläge auf dem Zukunftsfeld der Elektroautos. Über die Hintergründe der Affäre schweigen sich der Konzern und die Regierung in Paris aber weiter aus.
Der für das Tagesgeschäft zuständigen Renault-Vorstand Patrick Pelata machte ein "organisiertes internationales Netz" verantwortlich, ohne dies näher zu beschreiben. "Das waren Profis", sagte er der "Le Monde" lediglich. "Es ist eine ernsthafte Sache, aber weniger schlimm, als wenn die Technologie betroffen wäre", versicherte der Manager.
Vom gemeinsamen Vorzeigeprojekt mit dem Partner Nissan zur Entwicklung von Elektroautos seien lediglich Informationen über die Kosten und das wirtschaftliche Modell des Programms ausgespäht worden. Der "Goldschatz" der Technologien, darunter etwa 200 Patente zu Antrieb und Montage, sei hingegen sicher. "Wir haben für den Start unserer vier Elektroautos nicht einen einzigen Tag verloren", sagte Pelata.
Die Spionageaffäre war diese Woche aufgeflogen. Drei beschuldigte Manager wurden suspendiert, darunter einer aus der Führungsspitze. Sie würden zunächst befragt, danach würden sie wahrscheinlich entlassen, sagte Pelata. Der Anwalt eines Beschuldigten nannte die Affäre "surreal". "Mein Klient wird dargestellt als ein internationaler Spion", sagte er. "Dabei hat er bislang keine handfesten Informationen, die erklären, weshalb Renault ihn beschuldigt."
Verbindung nach China?
Frankreichs Industrieminister Eric Besson, der im Zusammenhang mit dem Fall von einem Wirtschaftskrieg gesprochen hatte, wollte sich nicht dazu äußern, ob es eine Verbindung nach China gibt. Renault werde Anzeige erstatten, daraufhin werde der Geheimdienst DCRI aller Wahrscheinlichkeit nach mit Ermittlungen beauftragt, sagt er dem Radiosender Europe 1.
Ein mit Industriespionage befasster Regierungsvertreter sprach von Tausenden von Fällen in Frankreich in den vergangenen Jahren. Die Entwicklung sei alarmierend, sagte Olivier Buquen der Wochenendzeitung "Le Journal du Dimanche"."Alle Sektoren, alle Regionen und Betriebe jeder Größe sind betroffen", sagte er.
"Nackter Laptop"
In Deutschland ruft der Verfassungsschutz Manager zu erhöhter Wachsamkeit bei Auslandsreisen auf. Diese sollten dabei nur noch "einen nackten Reiselaptop und ein nacktes Reisehandy" ohne gespeicherte Dateien mitnehmen, sagte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV), Alexander Eisvogel, dem Magazin "WirtschaftsWoche". Die Empfehlung gelte insbesondere für Risikoländer wie China und Russland, betonte er.
Dem Magazin zufolge berichten China-Reisende, dass sie unter einem Vorwand aus einer Konferenz oder ihrem Hotelzimmer gelockt würden und bei ihrer Rückkehr feststellten, dass der zurückgelassene Laptop ausgespäht worden sei. Die Angst vor Industriespionage gilt als ein wichtiges Hemmnis im Handel mit China.
Quelle: ntv.de, wne/rts