Jetzt sind die Versicherer dran S&P macht keine halben Sachen
10.12.2011, 11:45 Uhr
(Foto: REUTERS)
Die Ratingagentur Standard & Poor's holt zum Rundumschlag aus. Nach dem angedrohten Entzug der Top-Bewertungen der meisten Eurostaaten nimmt sie nun auch die europäischen Versicherer ins Visier. Die Entscheidung über die Herabstufung der Euroländer wird in den nächsten Tagen gefällt.
Die drohende Herabstufung von Euroländern durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) wirkt sich auch auf die Allianz und andere Versicherungskonzerne in Europa aus. Wie die Agentur ankündigte, werden nun auch auch deren Bonitätsnoten geprüft.
Ihr künftiges Rating wird davon abhängen, ob die Bewertungen der Staaten gesenkt werden oder nicht. Zu den 15 betroffenen Unternehmen gehört auch der deutsche Kreditversicherer Euler Hermes, der zur Allianz-Gruppe gehört. Darüber hinaus überprüft S&P unter anderem die Axa und die CNP-Gruppe aus Frankreich, die Aviva aus Großbritannien und die Generali aus Italien.
Schüsse vor den Bug Eurolands
S&P hatte Anfang der Woche damit gedroht, vor dem Hintergrund der Schuldenkrise die Bonitätsnoten wichtiger Staaten wie Deutschland oder Frankreich zu senken. Die Entscheidung soll in den kommenden Tagen verkündet werden. S&P werde die Auswirkungen des jüngsten EU-Gipfels auf das Vertrauen in der Wirtschaft und den Finanzmärkten analysieren, sagte S&P-Managerin Carol Sirou dem französischen Hörfunksender BFM Business.
Die Agentur werde auch prüfen, ob die Vereinbarungen zu einer aggressiveren Rolle der Europäischen Zentralbank bei der Bekämpfung der Krise führten. Sirou leitet die französische Niederlassung von S&P.
Im Zuge des angedrohten Entzugs der Spitzenbonität mehrerer Euroländer hatte die Agentur vor wenigen Tagen auch verschiedenen Großbanken der Eurozone mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit gedroht. Top-Ratings sind für Unternehmen wie Staaten bares Geld. Eine niedrigere Bonitätsnote führt in der Regel dazu, dass Staaten oder Unternehmen mehr bezahlen müssen, wenn sie sich von Investoren Geld leihen möchten.
Künstlich überhöhte Macht
Der Angriff von Standard & Poor's auf die Eurozone hat den Streit um die Macht der US-amerikanischen Agenturen neu entfacht. Es sei doch erstaunlich, "dass einige Ratingagenturen die Überprüfung der Kresditwürdigkeit der Euro-Zone ankündigen, wo Deutschland und Frankreich gerade Vorschläge zur Reform der Währungsunion gemacht haben", hatte die Vizepräsidenten der EU-Kommission Viviane Reding vor wenigen Tagen noch einmal konstatiert. Trotz aller Kritik an den Agenturen konnten sich die europäischen Politiker bislang aber nicht zu Alternativen zu den Ratingagenturen, zum Beispiel einer eigenen europäischen Agentur, durchringen. Alle Bemühungen sind bislang ins Leere gelaufen.
Werner Weidenfeld, Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung (CAP) in München, rief in diesem Zusammenhang zu einer "Entmythologisierung der Ratingagenturen" auf. "Da kommen keine Blitze aus einem umwölkten Himmel der Weisheit". Vielmehr handele es sich um Unternehmen, die sowohl die Politik als auch ihre Mitbewerber beobachteten und dann handelten, sagte der Europa-Experte der "Rheinpfalz am Sonntag". Dabei machten sie auch Politik.
Es sei ein Fehler, in der öffentlichen Diskussion ständig von "den Märkten" zu reden, fügte Weidenfeld hinzu. "Wir anonymisieren hier ein riesiges Segment von großem Einfluss", kritisierte er. Die Schlüsselfiguren der Spekulation müssten ebenso beim Namen genannt werden wie die in der Euro-Krise handelnden Politiker.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/DJ/dpa