Gezerre um Bankenaufsicht Schäuble kommt Paris entgegen
09.12.2012, 09:33 Uhr
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
(Foto: picture alliance / dpa)
Beim europäischen Streit um eine gemeinsame Bankenaufsicht sind Deutschland und Frankreich die Hauptprotagonisten. Finanzminister Schäuble macht Hoffnung, dass ein Ende des Gezerres naht. Und tatsächlich zeichnen sich Kompromisse ab.
Im Streit über die Ausgestaltung der geplanten europäischen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB will Deutschland Frankreich wohl entgegenkommen. Das Bundesfinanzministerium wolle nicht mehr darauf beharren, dass das neue Aufsichtsgremium unbedingt am Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt angesiedelt werde, berichtet der "Spiegel". Die Behörde könne genauso gut von Paris aus agieren.
Zwei unterschiedliche Standorte würden zudem die Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht unterstreichen, auf die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pocht. Deutschland wolle zudem erreichen, dass sich die Stimmgewichtung in der neuen Bankenaufsicht nach Größe und Bedeutung eines Landes richtet.
Auf der Suche nach einer Lösung
Die EU-Finanzminister hatten sich in der vergangenen Woche nicht auf ein Konzept für eine gemeinsame Bankenaufsicht in Europa einigen können. Vor allem die Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich trugen mit dazu bei. Frankreich plädiert für eine möglichst schnelle Aufstellung einer Bankenaufsicht, die alle Kreditinstitute in Europa im Blick haben soll. Deutschland dagegen will dem Rat der EZB nicht das letzte Wort bei Aufsichtsentscheidungen überlassen. Zudem will die Bundesregierung nur die größten Geldhäuser der gemeinsamen Aufsicht unterwerfen.
Aber auch hier zeichnet sich dem "Spiegel" zufolge eine Kompromissmöglichkeit ab. Die EZB wäre demnach zuständig für grenzüberschreitend tätige Großbanken und solche Institute, die Staatshilfen erhalten hätten. Zudem soll sie sich bei Bedarf alle Banken vornehmen dürfen, bei denen sie dies für nötig hält.
Einigung vor Weihnachten?
Schäuble gibt sich allerdings zuversichtlich, dass in den nächsten 14 Tagen die Grundlagen für die geplante EU-Bankenaufsicht geschaffen werden. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir noch vor Weihnachten die rechtlichen Grundlagen für eine Bankenaufsicht schaffen. Deswegen treffen wir uns ja am Donnerstag schon wieder in Brüssel", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".
"Mit dem Aufbau dieser Aufsicht kann dann 2013 begonnen werden. Ganz wichtig ist dabei, dass an der Unabhängigkeit der EZB kein Zweifel aufkommt. Diese kann sich aber nur auf die Geldpolitik beziehen. Demgegenüber muss eine Bankenaufsicht demokratisch legitimiert und rechtlich kontrolliert sein. Die Lösung dieses Gegensatzes ist der Kern des Problems," ergänzte Schäuble.
Weidmann meldet sich zu Wort
Doch die Bundesbank fordert unterdessen, für die geplante Ansiedlung der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank die EU-Verträge zu ändern. Ziel müsse es sein, Interessenkonflikte zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht zu vermeiden, betonte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in einem Interview der "Welt am Sonntag". "Ich sehe nicht, wie das auf der vorgesehenen rechtlichen Basis zur Übertragung der Aufsichtskompetenzen an die EZB möglich ist. Eine rechtlich saubere Lösung erfordert meines Erachtens eine Änderung der EU-Verträge."
Das würde zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen und den Start der Bankenaufsicht weiter verzögern. Weidmann plädiert dennoch für diesen Weg. "Wenn die Politik die Bankenunion wirklich will, kann sie die notwendigen Entscheidungsprozesse zügig vorantreiben", sagte er. "Bis dahin fände die Aufsicht wie bisher in nationaler Verantwortung statt." Ohnehin werde die europäische Bankenaufsicht im kommenden Jahr ihre Arbeit noch nicht aufnehmen können.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa